Ein-Euro-Jobber für Afrika

Hamburger Langzeitarbeitslose schicken Fahrräder nach Kenia und Schulmöbel nach Afghanistan. Ihr Arbeitgeber ist die „Gemeinnützige internationale Entwicklungspartnerschaft“ GEP

VON KARIN CHRISTMANN

„Ein-Euro-Jobber harken Laub oder fegen die Straße“, fasst Carol Christiansen die Vorurteile zusammen, die er immer wieder zu hören bekommt. Er ist Ein-Euro-Jobber in Hamburg – und arbeitet im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit eines Entwicklungshilfeprojekts. Christiansens Arbeitgeber ist die GEP, die „Gemeinnützige internationale Entwicklungspartnerschaft“. Sie will für Empfänger von Arbeitslosengeld II sinnvolle, qualifizierende Ein-Euro-Jobs anbieten und gleichzeitig Entwicklungshilfe leisten. Die GEP hat Lastenfahrräder nach Kenia verschickt, und ihre Energy Boxen verbessern in Entwicklungsländern die Stromversorgung.

Eine Energy Box ist ein blauer Metallkasten. Sie ist kleiner als ein Aktenkoffer, wiegt aber immerhin acht Kilo. Tagsüber wird die Box über Solarpaneele aufgeladen, die auf Gebäudedächern angebracht werden. Abends nehmen ihre Besitzer sie mit nach Hause. „Dann können sie Radio hören und so ihre Isolation vom Rest der Welt überwinden. Oder Nähmaschinen betreiben und mit ihrer Arbeit Geld verdienen“, sagt die GEP-Betriebsleiterin Petra Koepke.

Die GEP führt die Entwicklungshilfe nicht in Eigenregie durch, sondern arbeitet für Auftraggeber wie Nichtregierungsorganisationen, denen die GEP ihre Produkte und Projekte anbietet. Im vergangenen Jahr schickte die GEP eine komplette Fahrradwerkstatt in einem Container nach Äthiopien, regelmäßig werden gespendete Fahrräder aufbereitet und in Länder des Südens geschickt. Auch Nähmaschinen und Schulmöbel haben die GEP-Mitarbeiter schon für Entwicklungsländer tauglich gemacht und verschifft, zum Beispiel nach Afghanistan. „Unsere Ein-Euro-Jobber wissen, dass ihre Arbeit wirklich sinnvoll ist. Das ist natürlich auch eine große Motivationshilfe“, sagt Betriebsleiterin Koepke.

Die GEP bildet einen echten Betrieb nach, mit Projektmanagement, Marketing und Werkstatt. Sie gehört zur gemeinnützigen Stiftung Berufliche Bildung (SBB), die Qualifizierungsprogramme für Arbeitslose anbietet. Einer der Projektmanager der GEP ist studierter Ingenieur und hat als Consulter gearbeitet, bevor er arbeitslos wurde. Als seine Firma aufgekauft wurde, musste er gehen. Er ist einer der Hochqualifizierten, für die die GEP angemessene Tätigkeiten bereitstellen will. Rund ein Fünftel der Ein-Euro-Jobber bei der GEP, schätzt Koepke, seien Akademiker.

Der ehemalige Consulter hat auch tatsächlich Spaß daran, seine Kenntnisse nützlich einzusetzen und anderen etwas beibringen zu können. Er selbst lerne bei der GEP aber nichts dazu, sagt er. Einige seiner Kollegen haben da mehr Glück: Die Programmiererin Mercedes Schulz arbeitet an der neuen Website der GEP und ist froh, dadurch in ihrem eigentlichen Beruf auf dem Laufenden bleiben zu können.

Matthias Zwanck, der als Elektroniker an den Energy Boxen arbeitet, lobt die angenehme Arbeitsatmosphäre – und die Gestaltungsfreiheiten: Sechs Mitarbeiter der GEP sind für die rund 150 Arbeitslosen zuständig, die sich weitgehend selbst organisieren.

Einer der sechs ist ein Coach, der die Ein-Euro-Jobber bei ihrer Rückkehr in den ersten Arbeitsmarkt unterstützt. Das ist das oberste Ziel aller Bemühungen, auch deshalb, weil die Arbeitslosen nicht länger als zehn Monate im Projekt bleiben können. Knapp 30 Prozent der GEP-Mitarbeiter, schätzt Betriebsleiterin Koepke, schafften es danach zurück in den ersten Arbeitsmarkt.