Recht auf gute Luft

Bundesverwaltungsgericht gibt Bürger, der von Feinstaub geplagt ist, recht – München muss Maßnahmen ergreifen

In Deutschland führt Feinstaub jedes Jahr zu 17.000 vorzeitigen Todesfällen

FREIBURG taz ■ Bürger können ihr Recht auf gute Luft gerichtlich durchsetzen. Dies entschied gestern das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Wenn der Feinstaub-Grenzwert zu oft überschritten wird, können Bürger zwar keinen Aktionsplan ihrer Kommune, aber zumindest Einzelmaßnahmen wie Fahrverbote einklagen.

Feinstaub führt jährlich zu 17.000 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland, so schätzt die Weltgesundheitsorganisation. Seit Januar 2005 gilt daher ein strenger EU-Grenzwert für Feinstaub. Wenn dieser öfter als 35-mal pro Jahr überschritten wird, muss eine Kommune Gegenmaßnahmen ergreifen.

Der 30-jährige Münchner Dieter Janecek wohnt an der Landshuter Allee in München, einer bis zu achtspurigen Verkehrsachse. Dort wurde der Feinstaub-Grenzwert im vergangen Jahr 92-mal überschritten. Die Stadt München wollte daraufhin den Lkw-Durchgangsverkehr auf einen Autobahnring verbannen und die Innenstadt zur Umweltzone erklären, in der nur emissionsarme Autos fahren dürfen. Doch die Regierung von Oberbayern blockierte den Plan, weil ihr der ungehinderte Verkehrsfluss wichtiger war.

Janecek ging deshalb vor Gericht und hatte zunächst beim Münchner Verwaltungsgerichtshof Erfolg. Die Stadt wurde verpflichtet, einen Aktionsplan aufzustellen, der die Feinstaubbelastung verringert. Dagegen ging das Land in Revision mit dem Argument, ein einzelner Bürger könne nicht die Aufstellung eines Aktionsplans fordern.

Teilweise gab das Bundesverwaltungsgericht dem Land nun recht. Nach dem deutschen Immissionsschutzgesetz habe Janecek tatsächlich kein „subjektives Recht“ auf einen Aktionsplan. Möglicherweise ergebe sich aber aus der EU-Feinstaub-Richtlinie etwas anderes. Diese Frage legten die Leipziger Richter nun dem Europäischen Gerichtshof vor. Eine Antwort wird in zwei Jahren erwartet.

Zugleich stellten die Richter gestern aber klar, dass Janecek durchaus „planunabhängige“ Einzelmaßnahmen, wie etwa einzelne Verkehrsbeschränkungen, einklagen kann, solange es keinen Aktionsplan gibt. Damit sei sein Rechtsschutz gesichert. Einzelheiten hierzu wird das Bundesverwaltungsgericht in einem weiteren Verfahren Ende des Jahres entscheiden (Az.: 7 C 9.06). CHRISTIAN RATH