Düsseldorfer Vereinsmeisterschaft in Belgrad

Bei der Tischtennis-EM trafen zwei Vereinskollegen im Halbfinale aufeinander: Im internen Duell der Borussia-Düsseldorf-Spieler setzte sich der Favorit Timo Boll gegen das große Nachwuchstalent Dimitri Owtscharow durch

BELGRAD dpa ■ Noch hat Dimitri Owtscharow die Hackordnung im deutschen Herren-Tischtennis nicht verändert. Immerhin verlor der Senkrechtstarter aus Tündern bei Hameln das EM-Halbfinale gegen Ausnahmekönner Timo Boll (Gönnern) glatt mit 0:4-Sätzen. Doch mit dem Vorstoß Owtscharows in die internationale Spitze hat sich dem Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) im Kampf gegen China eine neue Perspektive eröffnet. Die Last liegt nicht mehr nur allein auf dem Starspieler Boll.

Der 18 Jahre alte Neuling Owtscharow empfing als dritter DTTB-Aktiver am Schlusstag der Europameisterschaft in Belgrad eine Medaille. Die Endspiel-Teilnahmen des Top-Favoriten Boll im Einzel und mit seinem Partner Christian Süß (Düsseldorf) im Doppel waren keine allzu große Überraschung. An einen Podestplatz für den deutschen Vizemeister hatten aber nur wenige Experten geglaubt.

„Das ist unglaublich, wie es gelaufen ist. Einfach Wahnsinn“, sagte Owtscharow, der bei seiner ersten Herren-EM auf Anhieb Gold im Team und Bronze im Einzel gewann. Das hatte Boll bei seiner ersten EM 1998 als 17-Jähriger nicht geschafft. „Dima hat maßgeblich zu unseren Team-Gold beigetragen und im Einzel seine gute Auslosung glänzend genutzt“, lobte der inzwischen 26 Jahre alte Weltranglisten-Vierte Boll seinen derzeit noch 68 Plätze schlechter eingestuften Kollegen. Der Abstand dürfte bereits in der April-Weltrangliste deutlich geringer ausfallen.

„In den nächsten Jahren hoffe ich, etwas näher an Timo heranzukommen“, sagte Owtscharow. Nach dem verlorenen Meisterschafts-Finale in Chemnitz hatte er sich für das zweite Duell gegen Boll in der Belgrad Arena einiges vorgenommen. Der Herausforderer startete furios, überraschte den Favoriten mit tollen Angriffsschlägen und hatte im ersten Durchgang sechs Satzbälle. Doch Boll hielt dagegen, griff beim seinen Aufschlägen tief in die Trickkiste und gewann mit 17:15. „Den Satz hatte ich verdient. Danach hat mir etwas die Spannung gefehlt“, gestand Owtscharow.

Er war im Alter von drei Jahren mit seinen Eltern aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Sein Vater Mikhail, vor zwei Jahren Tischtennis-Trainer des Jahres in Deutschland, brachte ihm den Umgang mit dem kleinen Zelluloidball bei. Seit einem halben Jahr lebt und trainiert er im Deutschen Tischtennis-Zentrum in Düsseldorf. Dort spielt nächste Saison auch das komplette EM-Medaillen-Trio mit Boll, Süß und Owtscharow für Rekordmeister Borussia Düsseldorf in der Bundesliga.

„Dima hat alle Chancen genutzt, die sich ihm bei der EM geboten haben. Dieser Erfolg muss für ihn eine Riesenmotivation sein, auch in Zukunft stabile Leistungen zu zeigen“, sagte DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig. Er verfolgte das deutsche Stallduell gemeinsam mit Tischtennis-Bundestrainer Richard Prause („Das kannte ich bisher nur von meinen chinesischen Kollegen“) ganz entspannt auf der Tribüne.

Seinen dritten EM-Rang, der durch den Rückzug des griechischen Mitfavoriten Kalinikos Kreanga erleichtert wurde, soll Owtscharow nun bei der Weltmeisterschaft in sieben Wochen in Zagreb mit guten Leistungen gegen die besten Asiaten bestätigen. „Insgesamt sechs EM-Medaillen sind ein hervorragendes Ergebnis, das die Stärke unseres Kaders dokumentiert. Aber der Saisonhöhepunkt ist die WM“, sagte Schimmelpfennig.

PETER HÜBNER