USA und Südkorea einig über Freihandel

Das größte Handelsabkommen seit der Errichtung der nordamerikanischen Freihandelszone steht: USA und Südkorea handeln künftig vor allem Autos und Agrarprodukte ohne Zölle. Südkoreas Bauern fürchten jetzt um ihre Existenz

BERLIN taz ■ Die USA und Südkorea haben ein Freihandelsabkommen abgeschlossen. Das verkündeten gestern die Verhandlungsführer nach einem 24-stündigen Treffen in Seoul. Für die USA ist das Abkommen mit Südkorea, über das beide Staaten seit mehr als zehn Monaten beraten hatten, der größte Freihandelsvertrag seit 15 Jahren. Damals hatte Washington mit Kanada und Mexiko die Errichtung der nordamerikanischen Freihandelszone (Nafta) beschlossen.

Die amerikanisch-koreanische Freihandelszone wird die Nafta in ihrem Handelsvolumen noch übertreffen. Beide Seiten einigten sich auf die sofortige Aufhebung von 85 Prozent der Zölle auf Industriegüter. Unter anderem werden beide Länder ihre Märkte für Autos und Agrarprodukte öffnen, die umstrittenen Zölle Südkoreas auf US-Fleischimporte sollen schrittweise sinken. Nach Meinung von Experten dürfte das Handelsvolumen zwischen der größten und der elftgrößten Wirtschaftsnation der Welt, das im letzten Jahr 74 Milliarden Dollar betrug, um ein Fünftel ansteigen.

Für die USA bedeutet die gestrige Einigung einen Erfolg in letzter Minute – kurz bevor eine Ermächtigungsfrist für US-Präsident George W. Bush endet. Nur mit ihr kann er Handelsübereinkünfte im Schnellverfahren durch den Kongress bringen: Der Kongress kann über die Vorlage entscheiden, Änderungen können die Abgeordneten jedoch nicht machen.

Auch der südkoreanische Präsident Roh Moo Hyun begrüßte den Abschluss der Verhandlungen. Für Südkorea sind die USA nach China der zweitgrößte Exportmarkt. Das Abkommen ist eines der zentralen politischen Ziele Rohs, nachdem die Exporte Südkoreas in die USA in den vergangenen Jahren stetig gesunken waren.

Seoul erhofft sich von der Einigung auch eine gestärkte Position gegenüber China und Japan. Laut einer Studie des Korea Institute for International Economic Policy könnte der erwartete Exportboom vor allem im Automobil- und Textilsektor bis zu einer halben Million neue Arbeitsplätze bringen. Gleichzeitig befürchten Experten Nachteile im Dienstleistungsbereich und in der Landwirtschaft.

Vor allem Bauern hatten bis zum Schluss gegen die Freihandelspläne protestiert. Sie fürchten billige Importe von Agrarprodukten. Am Sonntag kam ein Demonstrant in Seoul mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus. Er hatte versucht, sich zu verbrennen.

ANETT KELLER