„Auch die Qualität muss sicher sein“

GERLINDE KUPPE, 61, ist seit 2006 Sozialministerin in Sachsen-Anhalt. Bereits von 1994 bis 2002 bekleidete die SPD-Politikerin verschiedene Ministerposten.

taz: Frau Kuppe, die ostdeutschen Länder bekommen durch den Solidarpakt II schon sehr viel Geld. Wieso melden Sie für die Kinderkrippen den gleichen Bedarf an wie die alten Bundesländer, obwohl es im Osten schon genug Plätze gibt?

Gerlinde Kuppe: Es geht nicht um den gleichen, sondern um einen angemessenen Bedarf. Der Solidarpakt beruht darauf, dass die Lebensbedingungen in allen Regionen vergleichbar sein sollen. Wir werden alles dafür tun, dass wir die Mittel auch sachgerecht einsetzen. Den Ausbau der Kleinkinderbetreuung muss man aber gesondert betrachten.

Fällt Kinderbetreuung nicht unter den Bereich Lebensbedingungen?

Das schon, aber die westdeutschen Bundesländer haben in den letzten Jahren genauso die Chance gehabt, die Betreuung auszubauen. Warum haben sie es denn nicht getan? Der Solidarpakt soll die teilungsbedingten Defizite ausräumen. Ich kann nicht erkennen, dass der Mangel an Betreuungsplätzen teilungsbedingt ist. Da haben wir in den ostdeutschen Bundesländern Vorleistungen erbracht. Das können uns die westdeutschen Bundesländer nicht zum Vorwurf machen.

Wie stellen Sie sich denn die Finanzierung vor?

Ich kann mir eine Grundfinanzierung für alle Bundesländer vorstellen, die einen Anteil entsprechend der Anzahl der Kinder vorsieht – für Ost und West. Zusätzlich kann es nach meinen Vorstellungen noch einen Investitionsbonus für die westdeutschen Bundesländer geben.

Sind Sie mit den Ergebnissen des Gipfels zufrieden?

Wir waren uns einig, dass es keine Benachteiligung der Länder geben darf, die sich jetzt schon sehr angestrengt haben. Im Wesentlichen geht es jetzt nur noch um das Wie, nicht mehr um das Ob – das empfinde ich als Fortschritt der Debatte. Ich würde mir aber auch noch einen Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz wünschen.

In Ostdeutschland gibt es ja schon sehr viele Krippenplätze. Eigentlich brauchen Sie gar keine zusätzlichen, oder?

Wir haben in Sachsen-Anhalt einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz von der Geburt bis zur sechsten Klasse. Deshalb müssen wir auch bedarfsgerecht vorhalten. Wir planen die Kapazität für die nächsten Jahre auf Grund der im Moment sehr hohen Besuchsquoten. Der quantitative Ausbau ist für Sachsen-Anhalt aber nicht das Thema.

Was wollen Sie dann erreichen?

Wir wollen die qualitätsorientierte Kinderbetreuung weiter voranbringen, da geht es um die Bildungsoffensive in der frühkindlichen Bildung, um die Hochschulausbildung von Erzieherinnen und Erziehern und die Qualifizierung von Kindertagesstätten zu Kinder-Eltern-Zentren. Man muss beides sehen. Einerseits geht es um den Ausbau an Kapazitäten für die Länder, die bisher zu wenig Plätze vorhalten, aber andererseits muss das, was in den ostdeutschen Bundesländern und Hamburg vorhanden ist, auch gesichert und qualitativ weiterentwickelt werden.

INTERVIEW: MARTIN MÜLLER