„Propaganda auf Touren“

GESPRÄCH Konstantin Nikulin über deutsch-russische Beziehungen in Zeiten der Krim-Krise

■ 43, geboren in Kaliningrad, Raumfahrttechniker. Seine Firma Intenium vertreibt Computerspiele speziell für Frauen.

taz: Herr Nikulin, als russischer Unternehmer in Hamburg – wie geht es Ihnen im Moment?

Konstantin Nikulin: Auf menschlicher Ebene sehr gut. Als ich vor 15 Jahren nach Hamburg kam und nach Geschäftspartnern suchte, war das hart. Die alten Vorurteile: Die Russen sind unstrukturiert, chaotisch, auf die gibt es keinen Verlass. Heute gibt es Austausch, weil mehr meiner Landsleute hier leben. Die Deutschen wissen, dass man auch mit Russen gute Geschäfte machen kann. Aber es besteht die Gefahr, dass dieses Vertrauen jetzt wieder verspielt wird.

In welchen Momenten spüren Sie die Krim-Krise?

Meine Mitarbeiter kommen aus Russland, Deutschland, aber auch aus der Ukraine, alle haben unterschiedliche Meinungen. Bisher sind es gottseidank nur Diskussionen, nicht Konfrontationen. Ich selbst werde dauernd von Geschäftspartnern nach meiner Einschätzung gefragt.

Und was sagen Sie dann?

Dass ich auch nur beobachten und analysieren kann. Was man in deutschen und russischen Medien liest, ist sehr angespitzt, sehr provokativ. Die Propaganda läuft auf beiden Seiten auf Hochtouren. In welchem Maß viele seriöse Medien in Deutschland gegen Russland polemisieren, das hat mich schon erstaunt. Gleichzeitig finde ich auch in den russischen Medien ein gefärbtes Bild von Putin, dem Volksbefreier. Und ich beobachte bei Geschäftsbesuchen in Russland eine beunruhigende Politisierung der bildungsbürgerlichen Schicht.

Leidet Ihr Geschäft?

Unsere Spiele verkaufen wir nach Russland übers Internet. Wenn jemand die Kabel durchschneidet, würde es kritisch für mich. Und wenn Einreise- und Ausreisebestimmungen verschärft würden, hätte ich auch ein Problem: Ich reise oft nach Kaliningrad, wo unsere Niederlassung ist. Also, mein Geschäft läuft gut. Aber ich bin Geschäftsmann – es könnte immer besser laufen.  INTERVIEW: EVA THÖNE

Konstantin Nikulin diskutiert mit dem SPD-Europa-Abgeordneten Knut Fleckenstein und Russlands Generalkonsul Ivan Khotulew über „Deutsch-russische Beziehungen in Hamburg“: 18 Uhr, Ev. Gemeindehaus Blankenese