Traumprinzessin mit schmutzigem Höschen

SCHIFFFAHRT Die Traumschiffindustrie arbeitet auf der Weltleitmesse SMM in Hamburg an ihrem Image. Die Möglichkeiten für eine sauberere Schifffahrt sind groß, aber vielen Reedern sind sie zu teuer. Im Hamburger Hafen wird der Wandel schon sichtbar

VON HERMANNUS PFEIFFER

Fußballbundesligist Borussia Dortmund geht an Bord. Das Rostocker Kreuzfahrt-Unternehmen Aida plant ab Mallorca und Dubai mehrere Fahrten mit Fußballschulen für Kinder. Gelernt wird mit Borussen-Trainern. Im Gegenzug wirbt Aida dann im Ruhrgebiet im größten Fußballstadion Deutschlands mit einer rund 1.000 Quadratmeter großen Business-Lounge – einem beliebten Veranstaltungsort für Möchtegern-VIPs, also potenziellen Kunden.

Solche Geschichten am Rande der Weltleitmesse SMM (Shipbuilding, Machinery & Marine Technology International) der maritimen Wirtschaft in Hamburg zeigen vor allem den Druck, der auf der Traumschiffindustrie lastet: Trotz toller Verkaufzahlen wächst die Konkurrenz. Nicht zuletzt weil Aida ebenso wie der wohl weltgrößte Reiseveranstalter TUI aus Hannover und mehrere ausländische Reedereien ihre Flotten für den lukrativen deutschen Markt ausbauen.

Eine Revolution steht an

Druck machen auch Politiker und Nichtregierungsorganisationen, Reisende und Anwohner, die auf die immense Luftverschmutzung durch Kreuzfahrtschiffe auf hoher See und in den touristisch reizvollen Häfen hinweisen. Zudem steigen die speziellen Kosten für den maritimen Tourismus in beunruhigendem Ausmaße.

Martin Stopford, Präsident des Londoner Thinktanks Clarkson Research, rechnet daher mit einer „Revolution“. Die Marktaussichten für Reedereien seien schwierig, warnte er während der Auftaktveranstaltung der SMM im Hotel „Vier Jahreszeiten“. Aufgrund hoher Energiepreise und der raschen Abfolge neuer Umweltvorschriften zur Senkung der Schiffsemissionen sei hoher Kostendruck zu erwarten. „Das ist eine massive Herausforderung für die Branche, zumal es sehr viele mögliche Lösungsansätze gibt, die nicht alle gleich gut sind“, sagte Stopford.

Wenn Erträge schwächeln, drehen Manager an der Kostenschraube: So haben viele Reeder ihre Schiffe wieder ausgeflaggt, um die Personalkosten zu senken: Nur noch 170 von 3.400 Schiffen fahren unter deutscher Flagge, kritisierte Uwe Beckmeyer (SPD), Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, auf seinem Messe-Rundgang.

Beckmeyer und Vorzeige-Reeder mit Weitblick wie Hermann Ebel von Hansa-Treuhand fürchten nun um den Nachwuchs an Kapitänen und Schiffsingenieuren, die auch von Werften, der süddeutschen Zulieferindustrie und den Offshore-Windparkbetreibern in der Nordsee händeringend gesucht werden. Die Kreuzfahrtindustrie hat das Ausflaggen lange hinter sich. Kaum ein Schiff, das hierzulande Traumurlaube verspricht, fährt noch unter Schwarz-Rot-Gold.

Zeit spart Geld

Doch inzwischen sind die sogenannten Betriebskosten einschließlich Personal ausgereizt. Schon lange lassen es führende Reedereikonzerne wie die schweizerische MSC, Maersk in Dänemark oder die deutsche Hapag-Lloyd auf den Interkontinentalrouten langsamer angehen, um Sprit zu sparen. Viele Frachtschiffe tuckern nur noch mit 14 oder gar 12 Knoten über die Meere – statt mit 20 Knoten (rund 40 Stundenkilometern). Auch Traumschiffe setzen auf „Slow Steaming“ – und sparen so bis zu 15 Millionen Euro an Kraftstoffkosten pro Jahr, rechnen Motorenexperten von MAN in Augsburg vor.

Auch neue Schiffspropeller, optimierte Bugwülste und neue Motortypen bringen Schwung ins Energiesparprogramm. MAN-Verkaufsmanager Christian Kamm hofft angesichts der hohen Preise für Schweröl und saubereren Marinediesel auf einen Nachfrageboom bei der neuen Motorengeneration.

Leider seien Schiffseigner „eher konservativ“ und orientierten sich nicht an Vorreitern wie Maersk. „Den deutschen Reedern fehlt ein Vorbild“, findet er. Dabei würde sich die Investition auch bei alten Pötten – Traumschiffe haben eine physische Lebensdauer von mindestens 30 Jahren – schon in kurzer Zeit rechnen.

Die Energieeinsparung und damit die Reduktion von Emissionen werden nicht allein vom Markt beflügelt. Ab 2015 gelten auf Nord- und Ostsee sowie in Nordamerika strengere Schwefelgrenzwerte für den Schiffsbrennstoff. Weitere politisch initiierte Regelverschärfungen durch die Internationale Schifffahrtsorganisation IMO zeichnen sich am Horizont ab. Reeder wissen das und mancher tut auch etwas. Vor allem lassen sie neue Luxusliner bauen.

Ungelöstes Problem

Trotz einiger Fortschritte bleibt die Luftbelastung durch Kreuzfahrtschiffe nach Einschätzung des Naturschutzbundes (Nabu) aber ein ungelöstes Problem. Auch die nächsten beiden Schiffe des deutschen Kreuzfahrt-Marktführers Aida sind nach dessen Ansicht nicht komplett „umweltfreundlich“. Aber die Schiffe, die bis 2016 auf den Markt kommen, werden immerhin eine Rauchgasreinigung, einen Rußpartikelfilter, einen Katalysator und einen Landstromanschluss an Bord haben.

Die Urlauberschiffe werden wohl das dann im Hamburger Hafen stationierte schwimmende Flüssiggaskraftwerk nutzen können. Die in der Slowakei gebaute Barge soll künftig Kreuzfahrtschiffe im Hafen mit Strom versorgen. Damit setze sich Aida weltweit an die Spitze der Branche, so der Nabu. Doch „grün“ sind die neuen Schiffe längst nicht: So können sie weiter giftiges Schweröl verbrennen. Dies gehört nach Ansicht von Umweltschützern generell verboten.