„Das System muss weiterentwickelt werden“

KRITIK Eine Studie stellt die Effekte des fairen Handels infrage. TransFair widerspricht

Fairer Handel ist kein Allheilmittel, aber positive Beiträge sind durch Studien belegt

taz: Frau Brück, nach einer Studie der University of London sollen in Äthiopien und Uganda auf Kaffeeplantagen ohne Fairtrade-Label zum Teil höhere Löhne gezahlt werden und die Arbeitsbedingungen besser sein. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Claudia Brück: Unserer Auffassung nach wird in der Studie unzulässig verallgemeinert und zugespitzt. So werden Löhne und Arbeitsbedingungen von Arbeitern auf Fairtrade-Kooperativen mit denen auf nicht zertifizierten Großplantagen miteinander verglichen. Aber kleinbäuerliche Fairtrade-Produzenten können nicht die gleichen Leistungen erbringen wie internationale Multis auf ihren Plantagen. Unerwähnt bleiben in den Medien zudem weitere Vorteile des fairen Handels, die in der Studie auch genannt werden – zum Beispiel, dass Lohnvorauszahlungen, Zugang zu kostenlosen Mahlzeiten und bezahlte Überstunden geleistet werden.

TransFair räumt selbst ein, dass die Frage der „existenzsichernden Löhne“ eine „Baustelle“ im Fairtrade-Sektor sei. Das gelte vor allem für von Produzenten des fairen Handels verpflichtete Feldarbeiter und Erntehelfer.

Das stimmt. Darum gilt seit Januar 2014 auch die neu eingeführte Verpflichtung, dass Fairtrade-zertifizierte Plantagen schrittweise existenzsichernde Löhne einführen müssen.

Was bedeutet das konkret?

Wir sind derzeit dabei, solche „living wages“ für einzelne Fairtrade-relevante Regionen zu definieren. Zudem wird nun jährlich überprüft, ob unsere Partner im Süden auch tatsächlich eine klare Strategie verfolgen, das Lohnniveau ihrer Beschäftigten zu erhöhen. Im Bereich kleinbäuerlicher Kooperativen wird das allerdings länger dauern.

Konsumenten, die mit dem Kauf fairen Kaffees den Produzenten im Süden helfen wollen, sind also nicht „hoffnungslos naiv“, wie die Zeit schrieb?

Ganz und gar nicht. Wissenschaftliche Studien dokumentieren den positiven Beitrag von Fairtrade für Bauern und Gemeinschaften. So ergab eine Studie der Göttinger Universität zu Uganda, dass die Einkommen der Bauern auf Fairtrade-zertifizierten Farmen um 30 Prozent gewachsen sind. Zugleich wäre es aber naiv zu glauben, dass der faire Handel ein Allheilmittel ist. Es ist ein System, das weiterentwickelt werden muss.

INTERVIEW: OLE SCHULZ

■ Claudia Brück ist stellvertretende Geschäftsführerin von TransFair Deutschland e. V. Der Verein vergibt das Fairtrade-Siegel