Schneller als die Polizei erlaubt

ÜBERGRIFF In Husum randalierten Neonazis bei den Vorbereitungen zur DGB-Mai-Kundgebung. Die Polizei hatte den rechten Autokonvoi bereits auf der Autobahn bemerkt, dann jedoch aus den Augen verloren

Die Neonazis zogen zunächst als schwarzer Block durch die Straßen

Der Angriff der Neonazis auf die 1. Mai-Kundgebung des DGB in Husum war eine geplante Aktion. „Die wussten genau, wann sie kommen mussten, um uns ungehindert anzugreifen“, sagt Klaus Kasparek vom DGB-Kreisverband Nordfriesland.

Knapp eine Stunde vor Beginn der Kundgebung waren über 50 Neonazis vor dem Speicher am Hafenbecken aufgetaucht. „An ihren gewerkschaftsfeindlichen Gegröle erkannten wir schnell, wer da auf uns zuläuft“, sagt Kasparek. Die rechte Gruppe zerstörte Infostände und warf Stühle ins Hafenbecken.

Thomas Repp von der Linkspartei wurde von einem vermummten Neonazi mit dem Stock geschlagen. Er musste wegen einer Prellung am Auge ins Krankenhaus. Die Brutalität der Gruppe sei enorm gewesen, sagt Kasparek.

Gut eine Stunde vor dem Angriff war der Polizei auf der A 7 ein Konvoi von Neonazis mit etwa elf Fahrzeugen aufgefallen. „Wir wussten aber nicht, wo die hin wollten“, sagt Holger Diehr, Pressesprecher der Polizei Husum. Als der Zielort Husum erkennbar wurde, seien Polizeikräfte zusammengezogen worden – zu spät.

Die Neonazis, unter ihnen der NPD-Chef von Schleswig-Holstein, Jens Lütke, zogen zunächst als schwarzer Block durch die Straßen, wobei sie Transparente mit der Aufschrift „Revolution jetzt“ mit sich führten. Einen Großteil der Rechten konnte die Polizei erst auf der Rückfahrt bei Hollingstedt stoppen. Sie stellte Pfefferspray und den Schlagstock sicher und erstattete Anzeige wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Verstoß gegen das Waffengesetz.

Den Landtagsfraktionen von Linkspartei und Grünen reichen die offiziellen Erklärungen nicht. Sie wollen wissen, wie die Nazis in so großer Zahl ungehindert in die Innenstadt eindringen konnten, obwohl sie vorher aufgefallen waren. „Das Land muss die zunehmende Präsenz der Nazis im öffentlichen Raum endlich ernst nehmen“, sagte Luise Amtsberg, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen-Fraktion.

Auf Szene-Websites feiern sich die Rechten für ihren Überfall. In den frühen Morgenstunden hätten sie die „kleine Aktion“ per Telefon abgesprochen.

ANDREAS SPEIT