Mehr Betten, weniger Häuser, höhere Standards

ÜBERNACHTEN Herbergen und Hostels im Wettstreit

■  Der Wunsch: taz-Leser Albert Reinhardt schrieb: „Vielleicht könnten Sie mal recherchieren, warum die Anzahl der Jugendherbergen zurückgeht und die Übernachtungen teurer werden, obwohl doch gewiss die Reisetätigkeit besonders junger Leute global und in der EU nicht zurückgegangen ist.“

 Der Weg: Haben Sie auch eine Anregung für uns? Dann mailen Sie an open@taz.de.

VON LINDA HOLZGREVE

Als der Lehrer Richard Schirrmann 1909 die Jugendherberge erfand, stand er mit seiner Klasse im Regen und wusste nicht, wohin. Das Gewitter, das die Gruppe auf einer Wanderung überraschte, brachte ihn auf eine Idee: Alle „wanderwichtigen Orte in Tagesmarschabständen“ wollte er durch ein Netzwerk aus Herbergen verbinden.

Generationen nutzten seither zu Klassenfahrten oder Freizeiten dieses Netzwerk: Die Jugendherberge wurde zum kollektiven Erlebnis. Heute bedienen jedoch verstärkt andere den Markt – vor allem die bei Rucksacktouristen beliebten verbandsunabhängigen Hostels. „Es stimmt schon, das Lebensgefühl von Backpackern scheinen wir nicht immer zu treffen“, sagt der Sprecher des Deutschen Jugendherbergswerks, Knut Dinter. Die Übernachtungszahlen hätten sich aber dank Klassen, Gruppen und jungen Familien „auf hohem Niveau“ gehalten.

Die Anzahl der Übernachtungen liegt seit 1991 bundesweit konstant bei rund zehn Millionen im Jahr. Die Zahl der Häuser sank zwar seitdem von bundesweit 643 auf 536, die der Betten pro Jugendherberge stieg aber von 120 auf 141. Geschlossen werden schwer zu sanierende und schlecht ausgelastete Häuser. Fünf bis sechs neue Herbergen werden pro Jahr eröffnet. Die Kosten der immer hochwertigeren Ausstattung führen zu Preiserhöhungen: Eine Übernachtung ist heute mit 20 Euro im Schnitt vier Euro teurer als 2009. Dafür gibt es nicht nur ein Bett, sondern eine Nacht Kult mit Komfort.