„Die Zeit nachspüren“

BESETZERJUBILÄUM Das 3001 zeigt Fundstücke aus einem viertel Jahrhundert Rote Flora

35, arbeitet im Kino 3001, hat zum 25-jährigen Jubiläum der Roten Flora einen Bildervortrag mitorganisiert.

Foto: Jan Stau

taz: Frau Jöns, die Rote Flora ist seit November 1989 besetzt. Ist sie sich in den vergangenen 25 Jahren treu geblieben?

Anna Belle Jörns: Die Flora hat sich nicht geändert. Es wird weiterhin nicht ökonomisch gearbeitet. Es gibt niemanden, der hier bezahlt wird und das funktioniert seit 25 Jahren. Bei vielen Menschen kommt auch an, wie wichtig ein solcher Raum ist.

Inwiefern?

Was früher Umstrukturierung genannt wurde, heißt heute Gentrifizierung und ist aktueller denn je. Wenn man durch das Schanzenviertel läuft und sich umschaut, sieht man diese Prozesse und erkennt die Flora als eine Konstante, die sich dagegenstellt und sagt: „Wir sind kein verwertbarer Raum!“

Hat sie ihre Bedeutung bis heute behalten?

Die Rote Flora hatte immer eine bedeutende Strahlkraft und hat in politische Prozesse hineingewirkt. Deshalb finde ich es wichtig, dass es eine Einrichtung wie die Flora in Hamburg gibt. Sie ist einzigartig, wobei diese Einzigartigkeit schade ist. Ich würde mir viel mehr solche Einrichtungen wünschen.

Im 3001 wird der Geschichte der Flora nun ein Abend gewidmet.

Es gab einen Aufruf, sich an den Festivitäten zu beteiligen. Daraus sind unterschiedliche Veranstaltungen entstanden: Nicht nur Partys und Konzerte, sondern auch Lesungen und künstlerische Veranstaltungen wie der Flora-Nachbau auf Kampnagel. Dass viele Veranstaltungen außerhalb der Flora stattfinden, zeigt ihre Bedeutsamkeit in Hamburg.

Was erwartet die Zuschauer bei diesem Film- und Bilderabend?

Wir haben mehrere hundert Fotos gesichtet und sortiert. Zusätzlich zeigen wir Audiomaterial und kleine Filmschnippsel. Es sind nicht nur Bilder aus dem Inneren der Flora, sondern auch viele Bilder aus den Kämpfen drumherum. Diese kommen von vielen Menschen, die zumeist auch in diesem Viertel wohnen und das Geschehen um die Flora selber dokumentiert haben. So kann man die Zeit sehr gut nachspüren. Damals wurde ja nicht nur die Flora besetzt, es entstanden jede Menge Projekte. Natürlich gibt es dazu viele Geschichten, von denen hoffentlich die eine oder andere erzählt wird. Und dann geht es auch darum, was heute passiert und wie es künftig weitergeht.  INTERVIEW: JAN STAU

Bildervortrag „25 Jahre Rote Flora“: 19 Uhr, 3001, Schanzenstraße 75