Doch Mordprozess in Argentinien?

Deutsches Auslieferungsbegehren gegen Ex-Juntachef Jorge Videla abgelehnt

BUENOS AIRES taz ■ Das Oberste Kassationsgericht in Argentinien hat den deutschen Auslieferungsantrag wegen der Ermordung der Deutschen Elisabeth Käsemann für den ehemaligen Junta-Chef Jorge Rafael Videla abgelehnt. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth hatte Ende 2003 Haftbefehle gegen Videla und vier weitere hochrangige Exmilitärs erlassen. Dem argentinischen Ex-Juntachef soll in Argentinien der Prozess gemacht werden. Wie die argentinische Tageszeitung Página/12 gestern berichtet, begründete das Gericht seine Ablehnung damit, dass gegen Videla bereits in Argentinien in dieser Sache ermittelt werde.

Gegen die Ablehnung des Auslieferungsantrages kann Berufung eingelegt werden. Der Rechtsanwalt und Vertreter der deutschen Justiz in Buenos Aires, Pablo Jacoby, hat bereits entsprechende Schritte angekündigt. Für Jacoby ist die Begründung ein „Fehlschluss“, auch wenn gegen Videla von Seiten der argentinischen Justiz tatsächlich ermittelt werde. Jacoby gab an, Videla sei in dieser Sache bisher jedoch weder verhört noch angeklagt worden. Deshalb sei die Entscheidung auch politisch und nicht juristisch zu verstehen.

Elisabeth Käsemann war in der Nacht vom 8. auf den 9. März 1977 von argentinischen Sicherheitskräften aus ihrer Wohnung in Buenos Aires entführt, in Geheimlagern gefoltert und am 24. Mai 1977 ermordet worden. Ihre Leiche wurde zwei Wochen lang verborgen gehalten. Erst am 6. Juni 1977 bestätigte die Militärregierung offiziell den Tod Käsemanns.

Der Tod Elisabeth Käsemanns wirft bis heute ein dunkles Licht auf die damalige Rolle der Bundesrepublik. Denn während eine gemeinsam mit Käsemann verhaftete Britin nur wenige Tage später nach Intervention der britischen Regierung wieder freikam, tat die Bundesregierung nichts dergleichen, sondern leugnete stattdessen die Berichte von Menschenrechtsorganisationen über den Verbleib Käsemanns. Eine Klage ihrer Eltern gegen die Bundesregierung nach der Ermordung ihrer Tochter wegen unterlassener Hilfeleistung wurde seinerzeit abgewiesen.

JÜRGEN VOGT