Zuschlagsfrei nur für Deutsche

Die Bonner Universität verlangt als einzige Hochschule in NRW von allen nicht EU-Bürgern einen Betreuungsbeitrag in Höhe von 150 Euro. „Studierende werden in zwei Klassen geteilt“

von TIM WESTERHOLT

Silvia Raytchevska hat noch mal Glück gehabt. Die gebürtige Bulgarin ist Studentin an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Und dank des EU-Beitritts Bulgariens zum 1. Januar diesen Jahres, ist sie um die Zahlung von 150 Euro herumgekommen. Die fordert die Universität nämlich seit Anfang diesen Semesters von allen ausländischen Studierenden, die nicht aus einem EU-Mitgliedsstaat kommen. Betreuungsbeitrag heißt das Geld im Bildungsjargon. „Der Betrag erscheint vielleicht zunächst niedrig“, so die 25-jährige Studentin, „er ist aber gerade nach der Einführung der allgemeinen Studiengebühren und dem bestehenden Sozialbeitrag besonders für Ausländer zu einem finanziellen Hindernis geworden“.

Rund 800 Euro müssen die ausländischen Studierenden in Bonn pro Semester an die Universität bezahlen. Vor der Einführung der allgemeinen Studiengebühren in Höhe von 500 Euro lag der Semesterbeitrag bei rund 140 Euro. Für Deutsche wie für Ausländer. „Die zusätzliche Forderung ist ungerecht“, so Raytchevska. „Es gibt keine Rechtfertigung dafür, dass ein Ukrainer mehr bezahlen muss als ein Spanier.“

Unterstützt werden die ausländischen Studierenden vom Bonner AStA. Er stellte auf einer Senatssitzung am vergangenen Donnerstag einen Antrag auf die Abschaffung des Beitrages. Und überreichte dazu eine Unterschriftenliste, mit der sich 2.500 Studierende hinter die Forderung stellten. Der Antrag erreichte in der Abstimmung allerdings nicht die erforderliche Mehrheit.

AStA-Vorsitzende Ninja Fischer wirft der Universitätsleitung diskriminierendes Verhalten vor. „Die Bonner Universität hat als einzige in ganz NRW einen Betreuungsbeitrag erhoben“, so Fischer. Und dass, „ohne vorher einen Plan ausgearbeitet zu haben, wie das Geld überhaupt sinnvoll verwendet werden kann“.

Der Pressesprecher der Universität, Andreas Archut, widerspricht. Er weist darauf hin, dass vor der Einführung der Beiträge im Schnitt nur drei von zehn ausländischen Studierenden ihr Studium abgeschlossen hätten. Für viele hätten sich sprachliche Hindernisse, aber auch mangelndes fachspezifisches Wissen zu Stolpersteinen entwickelt. „Mit den Betreuungsbeiträgen werden jetzt Förderungskurse finanziert, die den ausländischen Studierenden erforderliches Meta-Wissen vermitteln sollen.“

Dass zusätzliche Betreuungsplätze sinnvoll sind, glaubt auch AStA Vorsitzende Fischer. Aber: „Bis jetzt hat die Universität für die dreieinhalb bis viertausend ausländischen Studierenden gerade einmal 200 dieser Plätze eingerichtet.“ Die Maßnahmen stünden in keinem sinnvollen Verhältnis zu den 150 Euro.

Auch der Integrationsrat der Stadt Bonn stellt sich hinter diese Forderung. Ratsmitglied Rahim Ötztürker sieht in dem Betreuungsbeitrag eine Aufteilung der Studierenden in zwei Klassen. „Ausländer leisten wie alle anderen bereits die allgemeinen Studiengebühren, daher haben sie ein Recht auf Betreuung, ohne noch drauf zu zahlen“, sagt Ötztürker.

Gerade Studierende aus ärmeren Ländern seien benachteiligt. Sie können meist nicht durch ihre Eltern unterstützt werden. Auch haben sie kein Recht auf BAföG oder Studiendarlehen.

Die bulgarische Studentin Raytchevska ist froh, dass sie die 150 Euro nicht bezahlen muss. Schon jetzt nutze sie den größten Teil ihrer Zeit fürs Geld verdienen. „Mein Studium kann ich ohnehin nur noch nebenbei führen und für Betreuungskurse würde ich erst gar keine Zeit haben.“