Ein Drittel steigt auf

Erste Resultate des neu geschaffenen Prognoseunterrichts: Etwa ein Drittel der GrundschülerInnen kann die Wunsch-Schule besuchen. Ministerium will kommende Woche Ergebnisse veröffentlichen

VON MIRIAM BUNJES UND NIHAD EL-KAYED

Beim neuen Prognoseunterricht schafft ein Drittel der SchülerInnen den Sprung auf die gewünschte Schulform. In den ersten Städten, die auf Anfrage ihre Resultate offen legten, zeichnet sich dieser Trend ab. Das Schulministerium unter Barbara Sommer (CDU) will erst in der kommenden Woche die landesweiten Ergebnisse veröffentlichen.

Der dreitägige Prognoseunterricht fand in der vergangenen Woche zum ersten Mal statt. Er ist für Kinder verpflichtend, deren Eltern sich für eine höhere Schulform entschieden haben, als von der Grundschule empfohlen. Der Unterricht soll die Entscheidung objektivieren und wurde von drei Lehrern erteilt, die die Kinder nicht kennen. Wenn einer der drei Prognoselehrer dem Kind höheres Potenzial bescheinigt, fällt die Entscheidung zur Gunsten der Elternwahl.

In Bochum gehen 21 der 72 bislang getesteten GrundschülerInnen nach dem Prognoseunterricht in die gewünschte Schule ihrer Eltern – zehn können die Real- statt die Hauptschule, elf entgegen der Empfehlung das Gymnasium besuchen. Auch in Bielefeld, Bonn und dem Kreis Aachen wurden nach Angaben der Schulämter zwischen 20 und 35 Prozent der Schüler die Eignung für die gewünschte Schulform bescheinigt. „Es war zu erwarten, dass auch abweichende Entscheidungen gefällt werden“, sagt Wilfried Bos. Der Leiter des Dortmunder Instituts für Schulentwicklung hat den Unterricht des Ministeriums miterarbeitet.

„Grundschullehrer treffen ihre Entscheidungen auch nach dem sozialen Hintergrund des Kindes“, sagt Bos. „Entscheiden unbeteiligte Lehrer, wird der Auswahlprozess etwas gerechter.“ NRW-weit nahmen von 189.000 Viertklässlern 3.300 am Prognoseunterricht teil. Davon wollten 64 Prozent der Kinder eine Realschulempfehlung erreichen, 34 Prozent eine fürs Gymnasium, so das NRW-Schulministerium.

Es gehe vor allem darum, schulische Leidenswege zu verhindern, begründet Schulministerin Sommer den neu geschaffenen Testlauf. „Kinder, die auf eine für sie nicht geeignete Schulform gehen, erleben Misserfolge und leiden seelisch“, so die Ministerin. Der Unterricht sei auf keinen Fall eine Aufnahmeprüfung. So ist der Unterricht bei den Bielefelder Kindern auch nicht angekommen: „Die Kinder waren motiviert und sind gerne gekommen“, sagt Jutta Schattmann, Schulamtsdirektorin aus Bielefeld.

Trotz der lockeren Atmosphäre wünscht sich die Landeselternschaft der Grundschulen die Wahlfreiheit der Eltern zurück. „Eltern kennen ihre Kinder länger und besser als die Lehrer“, sagt Birgit Völxen von der Landeselternschaft. „Und sie müssen mit den Folgen der Entscheidung umgehen, die sie selber nicht fällen.“