Pleite oder Gebühren

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DÜSSELDORF taz ■ Pleite oder höhere Studiengebühren – Deutschlands älteste Privatuni Witten-Herdecke hat keine große Wahl. Die finanziell angeschlagene Hochschule ist auf der Suche nach Investoren – und die machen keinen Hehl daraus, dass die Studiengebühren in Witten-Herdecke für eine private Hochschule zu niedrig sind. Die Studierendengesellschaft ist alarmiert und beharrt auf Absprachen mit der Uni: „Die Uni darf die Gebühren nicht im Alleingang erhöhen“, sagt Vorstandsmitglied Julia Köhn der taz.

Zwischen 7.000 (Musiktherapie) und 30.000 Euro (Wirtschaftswissenschaften) kostet ein Studiengang an der Uni Witten-Herdecke. „Erheblich unter dem Marktdurchschnitt“, sagt Nils Birschmann, Sprecher des Bildungsunternehmens SRH. Die SRH-Stiftung verhandelt gerade mit der Unileitung über einen Einstieg bei der finanziell angeschlagenen Privat-Uni, die bei einem Etat von 30 Millionen Euro jährlich drei bis vier Millionen Verluste im Jahr macht. SRH könnte mit 13 Millionen Euro einsteigen, sucht aber Partner. „Wir führen Gespräche mit vier potenziellen Unterstützern“, sagte SRH-Sprecher Birschmann. „Als alleiniger Sponsor stehen wird nicht zur Verfügung.“

Bis Mitte Mai sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein. Kommt es zu einer Einigung, dürfte nicht nur das Studium in Witten-Herdecke teurer werden. Auch die Betreuungsrelation in Witten-Herdecke gilt als sehr gut – in manchen Seminaren kommen auf eine Lehrkraft zwei Studierende. Nach Ansicht von SRH könnten also mehr Studierende unterrichtet werden.

Einig sind sich SRH und Unileitung schon jetzt darin, die Struktur der Uni umzukrempeln. Bisher hat sich ein Direktorium aus Repräsentanten von Wirtschaft und Wissenschaft um die Geschicke der Hochschule gekümmert: Diese haben selbst aber keine größeren Geldsummen eingebracht. Dieses System soll abgeschafft werden, denn SRH will entsprechend seiner Anteile mitbestimmen. „Das alte Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“, so SRH-Sprecher Birschmann. Auch die Unileitung hat das alte System abgeschrieben. „Neue Gesellschafter sollen Geld mitbringen“, sagt Unisprecher Dirk Hans. „Wir wollen ein neues Geschäfts- und Finanzierungsmodell.“

Eine Erhöhung der Studiengebühren wollen die Studierenden nicht so einfach hinnehmen. Anders als an anderen Hochschulen erheben die Studierenden in Witten-Herdecke die Gebühren selbst. Jetzt pocht die Studierendengesellschaft auf ihren Vertrag mit der Uni. Der sei unbefristet, eine Überprüfung der Beiträge sei erst für 2008 vorgesehen, sagt Vorstandsmitglied Julia Köhn. „Wenn SRH die Uni übernimmt, ändert sich dadurch am Vertrag zwischen der Universität und der Studierendengesellschaft erst mal nichts.“ Nächste Woche steht ein Gespräch zwischen Studierendengesellschaft, Unileitung und SRH an.

Unterdessen versuchen die Studierenden weiter, ihre Uni selbst zu retten. Der dazu gegründete Verein, die „Verantwortungsgemeinschaft“, hat zwar inzwischen über 700 Mitglieder. Es fehlt aber offenbar an Geld. „Der Verein konnte bisher kein Finanzierungskonzept entwickeln“, kritisierte Unisprecher Hans. „Solange das fehlt, ist das keine Alternative.“ DIRK ECKERT