Noch kein Urteil im Verleumdungsprozess

In Libyen inhaftierten bulgarischen Krankenschwestern drohen Haftstrafen. Das Urteil ist für den 27. Mai angekündigt

BERLIN taz ■ Ein Urteil im Prozess wegen Verleumdung gegen fünf libysche Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt in der libyschen Hauptstadt Tripolis lässt weiter auf sich warten. Bei einer Anhörung am vergangenen Sonntag, der die Krankenschwestern fernblieben, entschied das Gericht, sich auf den 27. Mai 2007 zu vertagen. Bei einer Verurteilung drohen den Beklagten bis zu drei Jahren Haft.

Die sechs sitzen seit acht Jahren in Libyen im Gefängnis. Sie waren beschuldigt worden, in einem Krankenhaus in Bengasi mehr als 460 Kinder absichtlich mit dem HI-Virus infiziert zu haben. 2004 wurden die Angeklagten zum Tode verurteilt. Im Dezember 2006 bestätigte ein Berufungsgericht den Schuldspruch. Kurz darauf wurde ein neues Verfahren eröffnet. Kläger sind acht Polizeioffiziere. Sie werfen den Schwestern und dem Arzt Verleumdung vor, da diese behaupten hatten, ihre Geständnisse im Verlaufe des ersten Prozesses seien unter Folter zustande gekommen.

Unterdessen wurde am vergangenen Wochenende in Paris ein internationaler Aufruf zur Befreiung der Gefangenen unterzeichnet. Mit diesem Aufruf sollen die bisherigen Unterstützungskampagnen bulgarischer Medien („Ihr seid nicht allein!“), aber auch internationaler Organisationen wie amnesty international, besser koordiniert werden. Der Aufruf soll an die deutsche EU-Ratspräsident, den Präsidenten des Europäischen Rats, den Generalsekretariat der Arabischen Liga sowie den Vorsitzenden der Afrikanischen Union zugesandt werden.

Am 26. April hatte das europäische Parlament den Jahresbericht zur Lage der Menschenrechte weltweit angenommen, in dem der Fall der Krankenschwestern erstmals erwähnt wird. In einem Zusatzdokument wird die Kommission aufgefordert, ihre Politik gegenüber Libyen zu überdenken, „weil Tripolis bisher versagt hat, einen fairen Prozess sicherzustellen.“

Doch nicht nur die EU kümmert sich mittlerweile um den Fall. Auch Frankreich hat sich zu einem der lautesten Unterstützer der Angeklagten gemausert. So hatte der konservative Sieger der Präsidentschaftswahlen, Nicolas Sarkozy, im Wahlkampf angekündigt, die Befreiung der Inhaftierten zu einer seiner Prioritäten zu machen. Das kann er jetzt unter Beweis stellen.

BARBARA OERTEL