Der Herbst des Patriarchen

FIFA Joseph Blatter hat sich als Chef des Weltfußballverbandes für vier weitere Jahre bestätigen lassen. Nur so kann er weiter daran arbeiten, diesen Sport zu zerstören

Der Fifa wird alles zugetraut – sogar die Manipulation der von ihr veranstalteten Wettbewerbe

VON ANDREAS RÜTTENAUER

Auftritt Franz Beckenbauer. Ja, auch der deutsche Kaiser hat gesprochen auf jenem skandalumtosten 61. Fifa-Kongress in Zürich. Er steht einer Task Force im Internationalen Fußballverband vor, die sich mit der Verbesserung des Fußballspiels beschäftigt. Am Mittwoch referierte er erste Ergebnisse, forderte mehr Unparteiische am Spielfeldrand, die Möglichkeit einer vierten Einwechslung, wenn ein Spiel in die Verlängerung geht.

Die Fifa ist mittlerweile derartig kaputt, dass Beckenbauers Auftritt regelrecht verstört hat. Der Internationale Fußballverband tagt und da redet tatsächlich einer über Fußball. Dem Verband wird es doch nicht plötzlich um das Gute im Sport gehen? Kurz darauf war alles wieder normal in Zürich. Sepp Blatter wurde als Präsident mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt, und da war es wieder, das Thema der Woche: Korruption.

Das wird noch eine gute Zeit lang so bleiben. Dabei ist das Problem nicht nur der alte und neue Chef der Fifa, der nun in seine vierte Amtszeit geht. Er ist zwar der große Organisator des Schweigens im Weltfußballkartell, doch er kann sich auf die meisten der 208 Mitglieder verlassen. Die Machenschaften der ganz Korrupten unter den Fifa-Fürsten wollen die wenigsten Mitglieder des Weltverbandes aufklären.

Ein Antrag Englands, die Wahl zu verschieben, bis die jüngsten Korruptionsfälle geklärt sind, wurde regelrecht abgeschmettert. Die Engländer wurden als Nestbeschmutzer an den Pranger gestellt, als seien sie es, die dem Fußball schaden wollten.

Blatter darf den Fußball weiter regieren und wird weiter schützend seine Hand über die von ihm so sehr geliebte Fußballfamilie halten. Wie ein Mafiaboss wacht er über die Seinen und wird nur dann ein wenig sauer, wenn jemand allzu ungeschickt bestochen hat oder ihn, den Paten, angreift. Seit Mittwoch steht fest: er wird weiter daran arbeiten, den Fußball zu zerstören. Und die meisten Mitglieder der Fifa finden das gut. Auch die Stimme aus Deutschland ging an Blatter. Die paar Reförmchen, die der 75-jährige Fußballregent angekündigt hat, werden nicht dafür sorgen können, dass die Fifa so etwas wie Glaubwürdigkeit erlangt. Sie werden aber dazu beitragen, die Sponsoren, die bis jetzt noch jeden Skandal mitgetragen haben, zu beruhigen. Allein das zählt für die Fifa, die längst vom ehrenwerten Sportverband zu einem Milliardenkonzern geworden ist. Das Geschäft muss stimmen. Die Kritik aus den Medien ist Sepp Blatter schon immer am Arsch vorbeigegangen. Die Kritik, die in diesen Tagen, leise zwar und alles andere als deutlich, auch von Sponsorenseite geäußert wurde, hat den krisenerprobten Walliser sicherlich nachdenklich gemacht. Denn nur mit der Hilfe der mit ihm verbündeten Konzerne kann er seine Lebensprojekt weiterverfolgen: den totalen Verkauf einer Sportart.

Zurück zum Kaiser. Der hat in Zürich mehr Unparteiische am Spielfeldrand gefordert, damit nicht mehr passieren kann, was bei der Qualifikation zur WM in Südafrika passiert ist. Da hatte sich Frankreich durch ein nicht geahndetes Handspiel von Thierry Henry gegen Irland durchgesetzt. Nicht wenige waren sich damals sicher, dass die Fifa dabei ihre Hände im Spiel hatte. Sie waren sich sicher, dass der gewinngeile Verband dem großen Fußballmarkt Frankreich die WM-Teilnahme zuschanzen wollte. Auch wenn es nicht so war, der notorisch korrupten Fifa wird alles zugetraut – sogar die Manipulation der von ihr selbst veranstalteten Wettbewerbe.

Das ist, was Sepp Blatter geschafft hat. Der Fußball geht an seinem eigenen Verband zugrunde. Besserung ist nicht in Sicht.