Protest-Test gegen Atom-Probefahrt

Atomkraftgegner im Wendland blockieren den Transport eines leeren Castorbehälters nach Gorleben. Befürchtet wird, der dabei ausprobierte neue Behältertyp sei weniger gegen das Austreten von Strahlung gesichert

Mit Straßenblockaden haben mehr als hundert Atomkraftgegner aus dem Wendland gestern gegen den Transport eines leeren Castorbehälters ins Zwischenlager Gorleben protestiert. An acht Stellen sei der Lastwagen mit dem Behälter durch quer gestellte Autos und Traktoren sowie durch Sitzblockaden vorübergehend gestoppt worden, sagte der Sprecher der Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg, Francis Althoff. Die Polizei sprach von „keinen nennenswerten Störungen“.

Behinderungsaktionen gab es nach Berichten von Teilnehmern unter anderem auf der Bundesstraße 191 am Dannenberger Verladekran, in Splietau und in Grippel. Der LKW musste immer wieder anhalten, einen Umweg nehmen und habe für die 20 Kilometer lange Strecke wegen der Widerstandsaktionen fast drei Stunden gebraucht, freuten sich die Demonstranten. BI und andere Widerstandsgruppen hatten erst am frühen Morgen von der Castorfahrt erfahren. Der Behälter war zuvor per Bahn in die Dannenberger Verladestation gebracht worden.

Bei dem Transport handelte es sich um eine „Probefahrt“ mit dem neuen Behältertyp „TN 85“. Er soll künftig bei den „heißen“ Atommülltransporten nach Gorleben zum Einsatz kommen und die bisherigen Castoren ersetzen. Anders als diese hat der in Frankreich gefertige „TN 85“ keine in die Behälterwand eingelassenen Kunststoffstäbe, um Neutronenstrahlung abzuschirmen. Die BI befürchtet deshalb, dass Neutronen- und Gammastrahlen bei Transportunfällen leichter entweichen können.

Allerdings wird in diesem Jahr wohl kein weiterer hochradioaktiver Atommüll nach Gorleben gebracht. Offizieller Grund: Nach dem Castortransport im November und dem Einsatz bei der Fußball-WM sah Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) die Kapazitäten seiner Beamten als vorerst erschöpft an. Dagegen vermuten Kritiker Probleme mit dem zunächst als Nachfolger vorgesehenen Behältertyp HAW 28 M.

Ab 2008 sind noch mindestens drei weitere Atommüllfuhren von der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben vorgesehen. Danach soll strahlender Abfall aus dem britischen Sellafield ins Wendland gebracht werden. Die Atomkraftgegner befürchten, dass jeder weitere Transport Gorleben auch als Standort für ein Endlager festschreibt. Bislang stehen 80 Castortonnen in der Halle im Gorlebener Wald, Platz gibt es für 420 Atommüllbehälter. REIMAR PAUL