„Jesse Owens“ hört sich einfach sportlicher an

NAMEN Eine Sportschule will den Namen eines NS-Gegners ablegen. Peinlich, findet die „Linke“

VON ALEXANDRA BRECHLIN

Die Poelchau-Schule in Charlottenburg will ihren Namen ändern und stößt damit auf den Widerstand der Linkspartei. Harald Poelchau war während der NS-Zeit Gefängnispfarrer in Tegel. Er half, Juden zu verstecken, hielt engen Kontakt zur Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis. 1973, ein Jahr nach seinem Tod, wurde die damals neu errichtete Schule nach ihm benannt.

Dass die Schule diesen Namen jetzt ablegen will und in den von Nationalsozialisten erbauten Olympiapark zieht, bezeichnete der Linken-Abgeordnete und Vater eines Schülers, Wolfgang Albers, Anfang Oktober in einer Rede im Berliner Abgeordnetenhaus als „politisch verantwortungslos“.

Albers hat einen Antrag gegen die Umbenennung gestellt und eine Anhörung im Bildungsausschuss erwirkt. Die Schule hingegen erklärt auf ihrer Website, dass der Name Poelchau nicht zum Profil einer Elite-Sportschule passe. Auf einer Elternkonferenz am 30. September wurden neue Namensvorschläge unterbreitet. So könnte die Schule künftig nach dem afroamerikanischen Sprinter Jesse Owens benannt werden. Im Sommer 1936 gewann er mehrfach Gold in Berlin und triumphierte damit indirekt über die NS-Rassenpolitik. Ein weitere Option ist der Name der Berliner Leichtathletin und Turnlehrerin Lilli Henoch, die 1942 als Jüdin von den Nazis ermordet wurde. Auch der schlichte Name „Schule im Olympiapark“ ist im Rennen. Die Schule will Poelchaus Namen aber weiterhin ehren. So soll die repräsentative Eingangshalle des Olympiapark-Baus nach Poelchau benannt werden. Die Nachfahren Poelchaus sollen gegen die Umbenennung keine Einwände haben.

Die Entscheidung soll bis zum Jahresende getroffen werden. Dann will die Schule der Senatsbildungsverwaltung ihren Vorschlag für einen neuen Namen unterbreiten. Dieser wird prüfen, ob bereits Anmeldungen für einen gleichen Namen vorliegen oder ob sonstige fachliche oder politische Bedenken bestehen.

Vor der Poelchau-Schule hat sich bereits eine weitere Berliner Schule umbenannt. Die Schule in der Skalitzer Straße 55 heißt seit Anfang Oktober Refik-Vesli-Schule nach einem 17-jährigen Muslim aus Albanien, der einer jüdischen Familie das Leben rettete, indem er sie im Dorf seiner Eltern versteckte. Den Namen hatten sich die Schüler selbst ausgesucht, nach einem Besuch der Holocaustgedenkstätte Jad Vaschem in Israel.