„Bayern wird etwas schwieriger“

Zum ersten Mal zieht die Linkspartei in ein westdeutsches Landesparlament ein. Jetzt hofft sie auf den Durchmarsch – auch wenn sie um die Grenzen weiß

AUS BERLIN UND BREMEN DANIEL SCHULZ
UND JAN ZIER

Niemand in der Linken hatte mit diesem Ergebnis gerechnet, nicht die kühnsten unter den OptimistInnen, nicht die GenossInnen selbst. 8,5 Prozent der Stimmen versprach die erste ARD-Hochrechnung um 18 Uhr – entsprechend fulminant war der Jubel auf der Wahlparty in Bremen. Es ist der Durchbruch für die Partei im Westen. Das erste Mal wird die Linkspartei in einem Landesparlament im Westen vertreten sein. „Die alte Bundesrepublik hat sich verändert“, sagt Wahlkampfchef Bodo Ramelow in Bremen – und er gab auch schon das nächste Ziel aus: „Wir werden jetzt Kampagnen in Hessen und Niedersachsen auf den Weg bringen.“ Dort stehen nächstes Jahr die nächsten Landtagswahlen an.

Von einem „wirklich bedeutenden Ereignis“ sprach in Berlin Gregor Gysi, Chef der Linksfraktion im Bundestag. „Wir sind jetzt eine bundesweite Kraft“, sagte Gysi – auch wenn er wisse: „Bayern ist etwas schwieriger.“ Noch vor wenigen Jahren habe sich niemand vorstellen können, dass die damalige PDS jemals in einem westdeutschen Bundesland die FDP überholen könne. Erstmals seit 1949 habe sich damit in Westdeutschland eine Partei links von der SPD etabliert. Darin sehe er eine „europäische Normalisierung“, sagte Gysi.

Keiner der Linkspolitiker in Bremen und Berlin grämte sich darüber, dass Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) eine Koalition mit den Parlamentsneulingen kategorisch ausschloss. „Wir haben den klaren Auftrag, Unruhe und Transparenz in dieses Parlament zu bringen“, sagte der Spitzenkandidat der Linken, Peter Erlanson, der sich damit zur Oppositionsrolle bekannte. Mit dem Wahlerfolg sei die Parteifusion von WASG und Linkspartei vorweggenommen worden, weil beide Parteien in dem Zwei-Städte-Staat bereits gemeinsam Wahlkampf geführt hätten.

Auf der Bremer Wahlparty der Linken mocht sich noch keiner der Parteioberen an Erklärungen dafür versuchen, dass der Einzug in die Bürgerschaft so überraschend deutlich gelungen war. Spitzenkandidatin Monique Trödel gab sich „sprachlos“, WASG-Parteimitbegründer und Bundesvorstand Axel Troost hatte nach eigenen Angaben allenfalls mit 7 Prozent der Stimmen gerechnet. In den letzten Umfragen vor der Wahl waren der Linken gerade mal 4,5 Prozent der Wählerstimmen vorausgesagt worden.

Bislang war die Linkspartei lediglich in den fünf neuen Bundesländern und in Berlin im Landtag vertreten, meist sogar als zweitstärkste Kraft. Im Westen hatte sie es hingegen bislang in kein einziges Landesparlament geschafft. In Bremen selbst kam die PDS bei der Bürgerschaftswahl 2003 auf gerade einmal 1,7 Prozent. Bei der Bundestagswahl zwei Jahre später, als sie erstmals gemeinsam mit der neu gegründeten Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) antrat, erreichte sie dagegen mit 8,4 Prozent im Land Bremen bereits ein ähnlich gutes Ergebnis wie am gestrigen Wahlsonntag.

In der kommenden Woche endet die Urabstimmung, in der die Mitglieder von WASG und Linkspartei über die geplante Fusion befinden sollen. Mit einer breiten Zustimmung in beiden Parteien wird gerechnet. Am 16. Juni soll dann in Berlin der Gründungsparteitag der neuen Partei „Die Linke“ stattfinden. Die nächsten Landtagswahlen finden dann Ende Januar 2008 in den Bundesländern Hessen und Niedersachsen statt, wo die Partei mit zwei vergleichsweise linken SPD-Landesverbänden um Wählerstimmen konkurrieren muss.