Rechts raus

Marcus Schmidt, Redakteur der „Jungen Freiheit“, möchte Mitglied der Bundespressekonferenz werden. Dort regt sich Widerstand. Zu Recht?

AUS BERLIN DOMINIK SCHOTTNER

Marcus Schmidt erfüllt alle Anforderungen, die die Vereinssatzung vorschreibt: Er berichtet ständig und vorwiegend über Bundespolitik. Er ist festangestellter Politikredakteur bei einem deutschen Medium. Und er ist deutscher Staatsbürger. Eigentlich könnte der 33-Jährige Mitglied der Bundespressekonferenz e. V. (BPK) werden, wie von ihm beantragt. Doch ein kleines Grüppchen von Journalisten in der Vereinigung der Berliner Parlamentskorrespondenten, vor deren blauer Wand die Mächtigen dieses Landes allwöchentlich ihre Politik erklären, will Schmidts Beitritt verhindern. Der Grund: Schmidt schreibt für die rechte Wochenzeitung Junge Freiheit. Und deren Inhalte gefallen nicht jedem in der BPK.

„Ich halte es für eine Zumutung, dass ein Redakteur der Jungen Freiheit in meinem Verein Mitglied wird“, sagte Dieter Wonka, Parlamentskorrespondent der Leipziger Volkszeitung, der taz. Wonka hat daher gegen die Entscheidung des Mitgliederausschusses der BPK, Schmidt aufzunehmen, Einspruch erhoben – wie es die Satzung zulässt. Die JF sei „ein Blatt am deutsch-nationalen Intellektuellenrand“ und vertrete „eine haarscharf verfassungsverträgliche Linie“, so Wonka. Zwei weitere BPK-Mitglieder haben sich Wonka angeschlossen. JF-Redakteur Schmidt selbst sagt nur: „Ich weiß nichts über die Gründe des Einspruchs.“

Nicht verwunderlich, schließlich gründet der Einspruch auf einem diffusen „So einen wollen wir in unserem Verein nicht haben“-Bauchgefühl. Das zeigt sich an Wonkas Wortwahl: „Verfassungsverträglichkeit“ ist das Schlüsselwort. Rechtskonservativ, bisweilen auch rechtsnational ist die JF, ein intellektuelles Scharnier zwischen rechtsdemokratischen und rechtsextremen Positionen. Aber ist sie auch verfassungsfeindlich?

Als Reaktion auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2005 wird das Blatt nicht mehr vom Verfassungsschutz beobachtet, die bisher praktizierte Erwähnung der JF in den Verfassungsschutzberichten des Bundes, Nordrhein-Westfalens und Baden-Württemberg ist unzulässig. Das Gericht hatte die Hürden für eine Aufnahme einer Zeitung in den Bericht erhöht.

Natürlich: Einen Journalisten in den eigenen Reihen zu haben, dessen Blatt im Ruch steht, nationalsozialistische Strömungen salonfähig zu machen, ist unangenehm. Aber auch die BPK leistet sich Mitglieder, die auf Pressekonferenzen das Verhältnis Deutschlands zu Israel in einer Weise in Frage stellen, die für manche Zuhörer einen antisemitischen Zungenschlag haben mag. Oder, als sogenannte ständige Gäste, Korrespondenten der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua. Alles kein Problem. Man nennt das Meinungsfreiheit. – Die offensichtlich aber nicht von allen gewünscht wird.

Einen vereinsinternen Präzedenzfall, an dem man sich bei der BPK-Entscheidungsfindung orientieren könnte, gebe es nicht, sagte der eben wiedergewählte BPK-Vorsitzende und ZDF-Korrespondent Werner Gößling der taz. Lediglich aus dem Jahr 1971 existiert eine Musterklage, mit der damals ein Redakteur des DKP-Blattes Unsere Zeit die Mitgliedschaft in der Landespressekonferenz Baden-Württemberg einklagen wollte. Daraus wurde nichts: Lediglich in den Verteiler musste der Kläger damals aufgenommen werden. Da Landes- und Bundespressekonferenz aber zwei Paar Schuhe sind, taugt dies kaum zur Entscheidungsgrundlage – es bleibt nur die BPK-Satzung.

Diese Hürde hat Marcus Schmidt bereits genommen. Auch eine Probeabstimmung auf der jüngsten BPK-Mitgliederversammlung endete, theoretisch, mit einer Aufnahme Schmidts. Bleibt das Veto von Wonka, über das der Mitgliederausschuss Ende März entscheidet. Lehnt er die Aufnahme ab, kann Schmidt Einspruch beim BPK-Vorstand einlegen. Und will auch der ihn nicht haben, sehen sich wohl alle Beteiligten vor Gericht wieder.