Köln sucht einen Opernintendanten

Der Wirbel um den Posten ist eine Komödie, meint Musiktheater-Spezialist Frieder Reininghaus:

Ende letzten Jahres machte der Kölner Kulturdezernent Georg Quander gegen seinen offensichtlich überforderten und glücklosen Opern-Intendanten Christoph Dammann mobil. Er begann, mit Hilfe der Redaktion des „Kölner Stadtanzeigers“ am Stuhl des von der überregionalen Presse schlecht bewerteten Theater-Direktors zu sägen. Dammann, so fasste Quander recht zutreffend zusammen, habe keinerlei Konzept für Inszenierungen erkennen lassen und ein Repertoire von „solch trübem Mittelmaß“ geboten, „dassselbst die nachsichtigen Kölner die Ränge nur noch spärlich füllen“. Kenner der Szene argwöhnten schon damals, dass die Kritik nicht uneigennützig erfolgte und er selbst Ambitionen auf den Intendanten-Sessel habe.

Inzwischen hat Dammann vorzeitig gekündigt und wechselt zum Ende der Saison 2007/08 an ein Theater in Portugal. Der Rat der Stadt Köln konstituierte eine „hochkarätige“ Findungskommission. Das hatte, wie Quander vor drei Wochen im Gespräch erläuterte, „leider die Konsequenz, dass es nicht ganz einfach ist, dieses Gremium terminlich zusammenzubekommen, weil es sich um Persönlichkeiten handelt, die teilweise noch sehr aktiv im Theater- und Festival-Betrieb sind und halt ihre langfristigen Kalender haben.“ Selbst hatte er, der beim Vorsitz sehr zur Verwunderung der Auguren vom „Stadtanzeiger“, übergangen worden war, keinerlei Interesse am Chefsessel im Opernhaus. Versicherte er eloquent - und verwies auf all das, was er als Kulturdezernent alles „anschieben“ wolle.

Nun aber ist der Meinungsumschwung offiziell – der wendige Kulturfunktionär erklärte am 8. Mai, er sei nun „doch offen“. Auf diese peinliche Weise brachte er sich, nachdem es wohl niemand anders tat, selbst ins Gespräch. Denn die „hochkarätige Kommission“ habe wohl doch Schwierigkeiten, einen guten Kandidaten zu finden. Das ist abenteuerlich: wenigstens drei „hochkarätige“ Bewerber, die bislang gute bis vorbildliche Arbeit geleistet haben, stehen nach meinem Wissen zu Verfügung. Aber es soll wohl auf gut kölsche Weise an ihnen „vorbeilaufen“.

Quander selbst, Jahrgang 1951 und mithin nicht mehr in den wirklich dynamischen Jahren, hat seine Karriere als Rundfunkmoderator für Leichtklassik zum Frühstück begonnen. Anfang der 90er Jahren kam er als Quereinsteiger dann zu Intendantenwürden: Er gehörte zu den Leuten, die nach der Vereinigung zum Ausputzen in den Osten geschickt wurden. Unter dem auf ganzer Linie dominanten Daniel Barenboim durfte er die „Staatsoper unter den Linden“ zuvor das Opern-Flaggschiff der DDR, zu einem Betrieb mit westlichen Standards umstrukturieren. Seine eigene Librettisten- und Regie-Tätigkeit stieß bei der sachkundigen Kritik allemal auf wenig Gnade („hilfloser Bühnenkitsch“, „Naschen aus dem Subventionstopf“). Es wurde darauf verwiesen, dass die Sichtweisen der Moderne so gut wie ungestreift an ihm vorübergingen. Die Kölner wissen also, was sie sich einhandeln, wenn sie ihn wirklich von der Richartzstraße an den Offenbachplatz befördern. FRIEDER REININGHAUS