Verfassungsfeindlicher Violinschlüssel

Die Unionsabgeordneten Peter Gauweiler und Willy Wimmer klagen gegen den „Tornado“-Einsatz. Er ist für sie „völkerrechtswidrig“

BERLIN taz ■ Er gehört zum Polit-Establishment mit seinen 57 Lebensjahren, von denen er fast 40 in der CSU und 16 in Land- und Bundestag verbracht hat. Wenigstens ein Ideal aber scheint Peter Gauweiler noch nicht aufgegeben zu haben: „Wer soll’s denn sonst machen?“, fragte der Bayer gestern rhetorisch-kämpferisch, nachdem der Bundestag kurz zuvor mit großer Mehrheit den „Tornado“-Einsatz in Südafghanistan beschlossen hatte – gegen die Nein-Stimmen von Gauweiler und 4 anderen Unionsabgeordneten.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Jurist Gauweiler zusammen mit dem ehemaligen Staatssekretär im Verteidigungsministerium Willy Wimmer (CDU) bereits Klage gegen den eben gefassten Beschluss beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingereicht, um den Einsatz der Aufklärungsflugzeuge zu verhindern. Deutschland werde „durch einen Einsatz von Tornado-Flugzeugen in die völkerrechtswidrige Kriegführung der Vereinigten Staaten in Afghanistan verstrickt“, argumentieren die beiden. Die für den kommenden April geplante Entsendung sei „der letzte Schritt in einer sich über mehrere Jahre erstreckenden Politik, die an einer stillschweigenden und vom Gesetzgeber nicht gewollten Änderung der Substanz des Nato-Vertrages mitwirkt“, schreiben Gauweiler und Wimmer in ihrer Erklärung.

Der taz sagte Gauweiler, in den vergangenen Jahren sei „ein anderer moralischer Violinschlüssel“ im Handeln der Nato eingeführt worden. Von wem diese Veränderung forciert werde, ist für ihn glasklar: Mit ihrer Strategie der „pre-emptive strikes“, der Präventivangriffe, verstoße die Führungsmacht USA ständig gegen fundamentale Prinzipien des Nato-Vertrages aus dem Jahr 1956 und verändere diesen schleichend. Das deutsche Zustimmungsgesetz zum Nato-Vertrag decke diese Änderung aber bei weitem nicht mehr, sagte Gauweiler.

2005 hatte Gauweiler schon einmal gegen eine wichtige Entscheidung des Bundestages geklagt. Die Ratifizierung der EU-Verfassung durch Bundestag und Bundesrat gefährde den Grundrechtsschutz der Bürger, hatte Gauweiler seinerzeit argumentiert. Zwar wurde die Klage inzwischen ausgesetzt. Endgültig ratifiziert ist die EU-Verfassung aber noch nicht, da Bundespräsident Horst Köhler seine Unterschrift erst nach dem BVerfG-Urteil leisten will.

Nicht gänzlich ausgeschlossen also, dass Gauweiler und Wimmer Erfolg haben. Der Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis sagte indes der Nachrichtenagentur AP, die Klage werde nur erfolgreich sein, wenn „die Abgeordneten geltend machen, dass sie in ihren Rechten beeinträchtigt worden sind“. Auch das Verteidigungsministerium ist sich sicher. „Wir haben eine deutliche Bundestagsentscheidung und fühlen uns bestärkt in unserer Auffassung“, sagte Sprecher Thomas Raabe. Der verteidigungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, Bernd Siebert, rechnet ebenfalls nicht mit einem Erfolg: „Die werden nicht damit durchkommen“, sagte er der taz.DOMINIK SCHOTTNER