Die „Fliegenfänger“ von Rot-Grün

REKOMMUNALISIERUNG Die Chefs der kommunalen Müllentsorger in Hamburg und München waren zum Fachgespräch in Bremen. Dabei kam Kritik am geplanten Modell einer Minderheitenbeteiligung auf

„Mischmasch, um jedem einen Gefallen zu tun – das würde ich nicht machen“

Rüdiger Siechau, Hamburg

Weil sich SPD und Grüne in Bremen eine Rekommunalisierung der Müll-Entsorgung nicht zutrauen, hat die Arbeitnehmerkammer zwei Geschäftsführer eingeladen, die in ihren Städten – Hamburg und München – seit Jahren die Entsorgung kommunal organisieren. In Hamburg sogar in der auch für Bremen diskutierten Rechtsform einer „Anstalt öffentlichen Rechts“. Auch der Münchener Geschäftsführer, Helmut Schmidt, hält diese Rechtsform für optimal – darin herrschte Einigkeit.

Kann Bremen sich trauen, den gesamten Müllbereich nach dem Auslaufen der Privatisierungs-Verträge 2018 wieder kommunal zu organisierten? Das war die Frage, die Maike Schäfter (Grüne) und Arno Gottschalk (SPD) an die Gäste hatten.

Rüdiger Siechau, seit 1995 Geschäftsführer der „Stadtreinigung Hamburg“, die dort auch Müllabfuhr und Müllverbrennung unter ihrem Dach organisiert, gab den Ball zurück: „Sie müssen entscheiden: Was wollen Sie erreichen?“ Dass die Arbeitskräfte, die derzeit in der Müllentsorgung beschäftigt sind, das auch weiter machen, insbesondere wenn sie zu einem kommunalen Arbeitgeber übergeleitet werden – das war für Siechau überhaupt keine Frage wert. Und warum sollte die Firma Nehlsen, die derzeit die Müllentsorgung organisiert, ihre Infrastruktur nicht der Stadt verkaufen, wenn sie diese nach 2018 nicht mehr braucht? „Ich kenne Herrn Wilcken als ehrlichen Menschen“, sagte er mit Blick auf den neben ihm sitzenden Nehlsen-Chef Hans-Dieter Wilcken.

Dann fügte Siechau noch einen Satz hinzu, der zeigte, dass er die Bremer Situation sehr genau kennt: „Mischmasch, um jedem einen Gefallen zu tun – das würde ich nicht machen.“ Das ist aber das, was SPD und Grüne favorisieren: ein bisschen kommunalen Einfluss nehmen über eine Minderheits-Beteiligung und die privatwirtschaftliche Federführung Nehlsen überlassen. Siechau erklärte, warum er davon nichts hält: Alle Aufgaben, die eine Anstalt öffentlichen Rechts als hoheitliche Aufgabe erledigt, sind nicht mit Mehrwertsteuer und Gewinnerwartung belegt – das spart nach seiner Schätzung mehr als 20 Prozent der durch Gebühren zu finanzierenden Kosten. Zudem, so Siechau, gibt es an „Schnittstellen zu Dritten“ immer Probleme. Konkret: Wie will die Stadt auf eine als Gewinn-Betrieb angelegte Müllentsorgung Einfluss nehmen? „Da hängen Sie als Kommune doch immer am Fliegenfänger.“ So charakterisierte er die Lage dieser Partnerschaften.

Bremen kann dabei durchaus auf Unterstützung durch andere kommunale Unternehmen setzen: „Wir helfen gerne unter den Kommunalen aus“, betonte Helmut Schmidt aus München. In Duisburg kümmert sich die Anstalt öffentlichen Rechts, die dort „Wirtschaftsbetriebe Duisburg“ heißt, neben der Stadtreinigung auch um das Friedhofswesen. Elke Heyduck von der Arbeitnehmerkammer nahm diesen Hinweis gern auf – vielleicht ließe sich so das Problem des von der kommunalen Verwaltung desorganisierten „Umweltbetriebs Bremen“ lösen.

Nicht dabei war bei dem gestrigen Fachgespräch die Umwelt-Staatsrätin Gisela Friedrichs. Sie war früher als Dezernentin in München zuständig für die dortige kommunale Müllentsorgung, wäre also kompetent – und hat daher in Bremen einen Maulkorb verpasst bekommen.  KAWE