Merkel soll dem US-Soldaten Aguayo helfen

Oppositionspolitiker fordern die Regierung auf, sich für den als Fahnenflüchtling verurteilten Sanitäter einzusetzen

BERLIN [taz ■]Oppositionspolitiker haben die Bundesregierung gestern aufgefordert, sich für den vor einer Woche in Würzburg wegen Fahnenflucht verurteilten US-Soldaten Agustin Aguayo einzusetzen. „Die Bundesregierung kann für ihn schon etwas tun“, sagte der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele der taz. Auch die in Deutschland stationierten US-Streitkräfte, denen Aguayo noch angehört, seien an das deutsche Recht gebunden, so Ströbele. Der ehemalige Bundesrichter Wolfgang Neskovic (Linke) sagte, für jede aufgeklärte Nation sei das Recht auf Kriegsdienstverweigerung elementar.

Aguayo war am vergangenen Dienstag von einem US-Militärgericht zu acht Monaten Haft verurteilt worden. Nach dem Absitzen der Strafe wird er unehrenhaft („bad conduct discharge“) aus der Armee entlassen und verliert alle Ansprüche auf Sozialleistungen des Militärs. Der Sanitäter hatte, so die Meinung des Gerichts, im vergangenen September seine in Schweinfurt stationierte Einheit verlassen, um so der Verlegung in den Irak zu entgehen. Dort war Aguayo bereits zwei Jahre vorher gewesen und hatte konsequent den Dienst an der geladenen Waffe verweigert.

Er stellte daher einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung, wie es ein US-Militärgesetz erlaubt. Der Antrag wurde abgelehnt, Aguayo ging in Berufung. Doch der U.S. Court of Appeals in Washington, D. C., wies die Klage ab und verlängerte einseitig Aguayos Vertrag mit dem Militär. Seine Einheit wurde dann abermals in den Irak verlegt. Als der Kommandant Aguayo drohte, ihn gewaltsam in den Irak versetzen zu lassen, flüchtete der Soldat nach Kalifornien. Dort stellte er sich nach rund vier Wochen freiwillig der Militärpolizei.

Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wies im Gegensatz zu ihren Oppositionskollegen darauf hin, dass die Möglichkeiten politischer Einflussnahme durch die deutschen Behörden zweifelhaft und begrenzt seien, weil die Basen exterritoriales Gebiet darstellten. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes erklärte, Letzteres sei zwar nicht der Fall, es handele sich aber gleichwohl um eine inneramerikanische Angelegenheit. Den Vorwurf der Menschenrechtsorganisation amnesty international, bei Aguayos Verurteilung liege eine Menschenrechtsverletzung vor, konnte die Sprecherin nicht teilen. „Es gibt im Völkerrecht kein Recht auf Kriegsdienstverweigerung.“ Daher gebe es auch kein Menschenrecht darauf.

Angehörige von Aguayo bedankten sich gestern für das Bemühen um den Sanitäter. „Wir wissen die Unterstützung der Deutschen sehr zu schätzen“, sagte Ehefrau Helga Aguayo gestern auf einer Veranstaltung der Friedenskooperation Berlin. Mit dem harschen Urteil wolle die Regierung Bush andere Soldaten vor einer Desertion abschrecken. Fernando Suarez del Solar, Vater eines im Irak gefallenen Soldaten, nannte Aguayo einen „politischen Gefangenen“ der Bush-Regierung. Daher fordert amnesty international in einer sogenannten „urgent action“ dazu auf, Unterstützerbriefe für Aguayo an US-Stellen zu schicken.

DOMINIK SCHOTTNER