Geheimdienst gab wohl den Auftrag

PROZESS 30 Exilkroaten wurden seit den 60er Jahren in Deutschland ermordet. Die Aufarbeitung beginnt

MÜNCHEN taz | Kroatisch und Deutsch gehen vor dem Münchner Oberlandesgericht durcheinander. „Es ist ein historischer Tag für uns“, sagt einer. Jahrzehnte haben deutsche Exilkroaten auf diesen Moment gewartet.

Mindestens 30 kroatische Regimegegner wurden seit den 60er Jahren in Westdeutschland ermordet. Es ist die längste unaufgeklärte Mordserie der Bundesrepublik. An diesem Freitag könnte die Aufarbeitung beginnen. Die ehemaligen kroatischen Geheimdienstgrößen Josep Perkovic und Zdravko Mustac sind der Beihilfe zum Mord an Stjepan Djurekovic beschuldigt. Dieser kämpfte von Deutschland aus gegen das jugoslawische Regime. Der eigentliche Grund für seine Liquidierung sei allerdings, dass er als hoher Wirtschaftsfunktionär über illegale Geschäfte hoher Parteimitglieder Bescheid wusste, so die Anklageschrift.

Am 28. Juli 1983 wurde Djurekovic in einer Garage in Wolfratshausen ermordet. Perkovic, der für die Bekämpfung von Regimekritikern im Ausland zuständig war, soll den Mord geplant und logistisch vorbereitet haben. Den Auftrag habe er von seinem Chef Mustac erhalten. Schon 2008 wurde ein Agent als Mittäter verurteilt, den Perkovic geführt haben soll. Die Angeklagten bestreiten, mit dem Mord etwas zu tun zu haben, und verweigern die Aussage. Sie sehen in ihren gut sitzenden Anzügen aus wie ergraute Staatsmänner.

Doch es werden Briefe verlesen, die Perkovic geschrieben hat. Darin beschuldigt er die deutschen Nachrichtendienste, Einfluss auf einen Zeugen genommen zu haben. Bei diesem Zeugen handelt es sich um den Doppelagenten „Miso“, der sowohl für deutsche Nachrichtendienste als auch für den jugoslawischen Geheimdienst arbeitete und Perkovic in einer früheren Verhandlung stark belastete. Die Verteidigung der beiden Männer behauptet, ein Zeuge, vermutlich auch wieder „Miso“, habe vom BND Geld bekommen und Instruktionen, wie er sich vor Gericht verhalten solle. Der jetzige Richter war schon Richter im Verfahren von 2008, in dem man „Miso“ als glaubhaft einstufte. LISA SCHNELL