Besuch von der Antifa

An ihrem erklärten Aktionstag hatte die NPD mancherorts im Norden mit Widerstand zu kämpfen. Per eigenem Reisebus bereiste gar ein Trupp Linker mehrere Läden für rechtsextremen Lifestyle-Bedarf

Es sollte ein großer Aktionstag werden: Am Sonnabend wollte die NPD in Niedersachsen nach den Worten eines Funktionärs „den Kampf um die Straße“ aufnehmen. In mehreren Städten wollten die Rechten – teils mit „Freien Kräften“ – Flugblätter verteilen. Nicht überall im Norden indes konnten sie ihre Infostände auch ausrichten: In Wolfsburg verhinderten das Auflagen seitens der Stadt. In Goslar wurde ein Stand von der Antifa attackiert. In Wolfenbüttel wiederum will die NPD wegen gegnerischer „Gewalttäter“ nur eine „fliegende Verteilung“ durchgeführt haben.

Ihre Geschäftszeiten mussten zudem die Betreiber rechter Szeneläden in Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen kurzfristig einschränken: Sie bekamen überraschend Besuch von einer Antifa-Abordnung, die per Reisebus durch die Lande zog. „Naziläden schließen“ riefen so am Mittag rund 50 Demonstranten in der Dorfstraße von Lägerdorf bei Itzehoe. Hier betreibt Ragnar B. den Shop „Böhm Streetwear“. „Vor Ort möchten wir auf die Hintergründe dieser Geschäfte aufmerksam manchen“, sagt eine Sprecherin der Aktion. Ihre Hoffnung: „Den Nazis rote Zahlen bescheren.“Denn das Geschäft mit dem rechten Lifestyle boomt – Szenelieferanten sollen Jahresumsätze von 500.000 Euro erzielen. Gewinne, die in Politik fließen.

In Lägerdorf werden Flugblätter verteilt. „Solche Läden sind auch immer Treffpunkte“, sagt eine Rednerin über Megaphon. Bei „Böhm Streetwear“ stehen in einem Nebenraum ein Kicker, daneben eine Sitzecke. Hier können Neckermann-Bestellungen aufgegeben und Hermes-Pakete abgeholt werden.

Kaum hörten die Rechten am Sonnabend die Antifa-Parolen, schlossen sie den Laden kurzfristig – so wie auch die später Besuchten. Keine drei Stunden später wiederholte sich die Aktion in Todtglüsingen, einem berüchtigten Ortsteil von Tostedt im Kreis Harburg. Hier betreibt Stefan S. seit über einem Jahr den Laden „Streetwear Tostedt“, der aber auch neueste Rechtsrock-Produktionen bereithält. „Gut, dass Sie das hier machen“, sagt eine ältere Anwohnerin zu den Demonstrierenden. „Linksradikale, unmöglich“, schimpft dagegen eine andere, und ein Mann brüllt: „Einfach rüberfahren!“ Später stoppt die Polizei den Bus, um Personalien festzustellen.

In Hamburg ging es zu „Unbreakable“ in der Bürgerweide, „Schön“ findet eine Passantin die Antifa-Aktion, und ein Mann am Schnellimbiss wünscht dem Szeneladen: „Pleite soll der gehen.“ ANDREAS SPEIT