NUR MAHMUD ABBAS KÖNNTE IM GAZA-STREIFEN FÜR ORDNUNG SORGEN
: Außer Kontrolle

Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass Israel im Gaza-Streifen wieder für Ordnung sorgen könnte. Die Israelis hatten den Gaza-Streifen schon zu Besatzungszeiten nicht unter Kontrolle, und seit dem Abzug ist die Mission nicht leichter geworden. Im Gegenteil: Seit Sommer 2005 blüht der Waffenschmuggel. Die militanten palästinensischen Extremisten rüsten auf, ohne von den eigenen Sicherheitskräften oder den Ägyptern allzu sehr gestört zu werden.

Hier wäre internationale Unterstützung gefragt. Nach dem Modell des Libanon, wo internationale Truppen den Waffenschmuggel an die Hisbollah eindämmen, könnten im ägyptisch-palästinensischen Grenzgebiet Blauhelme stationiert werden, um den unerwünschten Waffentransport aufzuhalten. Eine Stationierung internationaler Truppen im Gaza-Streifen selbst dürfte hingegen wenig realistisch sein: Weder würden die Israelis dem zustimmen, noch ist es derzeit irgendeinem Land zuzumuten, die eigenen Soldaten in die bürgerkriegsähnliche Zone zu schicken.

Die Palästinenser selbst müssen die Aufgabe übernehmen, dort Ordnung zu schaffen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas wäre dafür der richtige Adressat. Ihm mit Waffen unter die Arme zu greifen, wie die USA es planen, könnte sinnvoll sein. Allerdings nur, wenn die Hilfe an die Bedingung geknüpft wird, dass Abbas seinen Truppen einen klaren Auftrag erteilt. Dass die Fatah vorläufig eine militärische Niederlage nach der anderen einsteckt, liegt auch an der Unentschlossenheit ihrer politischen Führung.

Abbas hält unverändert an seiner Vorstellung fest, der innerpalästinensische Konflikt ließe sich auf diplomatischem Wege beilegen. Seit sechs Jahren wartet Mohammed Dahlan, ehemals Sicherheitschef im Gaza-Streifen, auf das Okay der Führung, die illegalen Waffen zu konfiszieren. Dahlan scheiterte zunächst an Jassir Arafat und später an dessen Nachfolger Abbas. Der scheute die Konfrontation und unternahm nichts. Nun schaut er den blutigen Folgen tatenlos und aus sicherer Entfernung in Ramallah zu. SUSANNE KNAUL