Genmais ist resistent

NRWs größtes Genmais-Feld in Borken bleibt vorerst – obwohl es bis gestern verschwinden musste. Erst nach der Debatte im Landtag bemerkt die Bezirksregierung Münster, dass sie verantwortlich ist

VON MIRIAM BUNJES

Statt Bagger kommen Fernsehteams. Rainer Hamann vom „Netzwerk Borken ohne genmanipulierten Mais“ zeigt ihnen Maispflanzen: Die einen sind dunkelgelb und schon fast einen Meter hoch. Die anderen sind zwanzig Zentimeter kleiner. Dazwischen liegt ein schmaler Weg. Eigentlich müssten es 150 Meter sein, denn die größeren Maispflanzen sind genetisch verändert – so, dass sie für die maisfressende Schmetterlingsart Maiszünsler tödlich sind. „Die benachbarten Pflanzen sind völlig ungeschützt“, sagt Rainer Hamann. So sieht das inzwischen auch das Bundessortenamt in Hannover. Vor vier Wochen forderte es die Firma Monsanto auf, das Feld umzupflügen, weil der gesetzliche Mindestabstand nicht eingehalten sei. Gestern endete die Frist – und die Pflanzen stehen immer noch.

Offenbar eine Behördenpanne. „Wir dachten, dass nicht wir, sondern das Umweltministerium zuständig ist“, sagt Sigrun Rittrich, Sprecherin der Bezirksregierung Münster. „Wir werden dafür sorgen, dass bis nächste Woche umgegraben wird.“ Monsanto, Schöpfer der schmetterlingsresistenten Maispflanze Mon810, versucht das abzuwenden. Zusammen mit dem Verband der Pflanzenzüchter verhandelt die Firma „intensiv“ mit dem Bundessortenamt, sagt eine Sprecherin. „Es wird eben gemauschelt, solange es geht“, sagt Hamann. „Das kennen wir hier in Borken ja schon.“ Seit eineinhalb Jahren wissen die Borkener vom Genfeld in ihrer Gemeinde. Mit Monsanto-Mais wird dort mindestens seit 1998 experimentiert, stellte sich im Herbst zufällig heraus (taz berichtete).

Dass das Feld umgegraben werden muss, ist für Politiker wie Behörden unstrittig. „Wird es nicht bald gemacht, gibt es eine Ordnungsverfügung“, sagte Landwirtschaftsminister Eckhart Uhlenberg (CDU) gestern bei einer Aktuellen Stunde im Landtag. Und es sei ganz eindeutig die Bezirksregierung dafür zuständig, die Anweisung des Bundessortenamts umzusetzen.

Beantragt hatte die parlamentarische Diskussion die Fraktion der Grünen. Sie wollte vor allem über die Konsequenzen einer Entscheidung des Bundesverbraucherschutzministeriums diskutieren: Seit Anfang Mai darf Monsanto Mais 810 nicht mehr ohne wissenschaftliche Begleitung ausgesät werden. Offizielle Begründung: Die Sorte sei eine Gefahr für die Umwelt, da ihre Wirkstoffe auch in Tieren aufgetaucht seien. Allerdings gelten die Aussaatbeschränkungen nicht für bereits gesäten Mais – die 2007er Ernte bleibt unangetastet.

Die Grünen forderten wegen „der endlich eingestandenen gesundheitlichen Risiken“ ein Ende aller Versuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen in NRW. Für die Regierung unvorstellbar. Landwirtschaftsminister Uhlenberg betonte, Risiken für den Menschen seien nicht erwiesen, die Aufregung der Grünen sei „ideologisch“. Für die FDP ist „Gentechnik eine Zukunftstechnologie“, die sogar ökologisch sei, weil sie den Einsatz von Pestiziden mindere. Die SPD kritisierte Uhlenberg scharf. „Der Minister schweigt und tut nichts, während in Borken einfach weiter experimentiert wird“, sagte Svenja Schulze (SPD).