Klar, man unterstützt sich im Kreis

KASSEN Das hessische CDU-Sozialministerium kümmert sich um die Sorgen einer Privatklinik. Einer Klinik, die großzügig an die CDU gespendet hat. Punkt?

Bisher war es mühsam, etwas über die Spender der Parteien zu erfahren. In ihren Rechenschaftsberichten stehen zwar die Namen aller Spender, die mehr als 10.000 Euro gegeben haben. Die Berichte lassen sich aber nur umständlich durchsuchen. Die taz hat gemeinsam mit OpenDataCity alle Dokumente von 1994 bis 2009 ausgewertet. Auf taz.de/parteispenden-watch können Sie jetzt zum Beispiel nachlesen, wie die Deutsche Bank ihre Spenden streut. Oder sehen, was die Projekta Ingenieursgesellschaft für Tiefbautechnik in Auerbach an die CDU gespendet hat. Wir verorten die Spenden nach verschiedenen Kriterien auf einer Deutschlandkarte. Und nun kommen Sie ins Spiel: Durchstöbern Sie die Daten. Sagen Sie uns, wenn Ihnen seltsame Verbindungen auffallen: Mail an open@taz.de. Oder schicken Sie einen Brief an die taz-Chefredaktion. Die meisten Korruptionsfälle schließlich finden sich im Lokalen – bei Ihnen vor der Haustür.

taz.de/parteispenden-watch

VON HEIKE HAARHOFF

Was für ein Erfolg für die Gertrudis-Klinik in Leun-Biskirchen: Zum 1. Januar 2011 ist sie in den hessischen Landeskrankenhausplan aufgenommen worden. Statt 18 Betten für gesetzlich Versicherte hat das Krankenhaus seitdem bis zu 140 Kassenplätze. Manche Konkurrenten können davon nur träumen. Auch die Gertrudis-Klinik hat lange darum gekämpft. Die Kassenbetten bedeuten Sicherheit – mit den Privatpatienten können die Krankenhausmanager dann zusätzlich gutes Geld verdienen. Wie ist die Klinik plötzlich an die begehrten Betten gekommen?

Wo das hessische Sozialministerium, zuständig für die Krankenhausbedarfsplanung, doch gemeinhin mit Neuaufnahmen in den Landenkrankenhausplan geizt. Schließlich gilt meistens: Betten abbauen. Nicht so neuerdings im Hause Gertrudis, das auf die Diagnose und Therapie von Parkinson spezialisiert ist. Es gilt jetzt als „bedarfsnotwendig“, sagt ein Sprecher der Hessischen Krankenhausgesellschaft, des Dachverbandes von 187 Krankenhäusern in Hessen. Bedeutet: „Dann muss jeder Kostenträger, sprich: jede Kasse, diese Krankenhäuser auch bedienen.“ Wer im Landeskrankenhausplan drin ist, hat gewonnen. Ungewöhnlich, dass die Gertrudis-Klinik in Zeiten des Bettenabbaus eine solche Aufstockung bekommt.

In Hessen, erinnert sich der Sprecher, habe es in den Neurologien zwar Neuaufnahmen gegeben. Allerdings „speziell im Bereich der Schwer-Schädel-Hirn-Verletzten“. Parkinson? Zähle nicht dazu.

Wie also ist das der Gertrudis-Klinik gelungen? Der Geschäftsführer Ferenc Fornadi verrät es nicht. Mehrere Anrufe und Mails bleiben unbeantwortet, einmal nur mailt Fornadi zurück: „Bitte teilen Sie uns die Fragen schriftlich mit, wir werden diese dann schriftlich beantworten.“ Seither: Funkstille.

Man scheint Öffentlichkeitsarbeit nicht für nötig zu halten. Das übernehmen andere. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Sibylle Pfeiffer etwa attestiert dem Haus auf ihrer Homepage „gehobenen Hotelcharakter im Lahntal“ und sagt: „Es ist Teil meines Jobs, mich zu informieren, welche hervorragenden Kliniken wir im Wahlkreis haben.“

Der CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer, so berichtet es die Lokalpresse, hat beim Sommerfest im Juli mitgefeiert. Er war es demnach auch, der ein paar Monate später einen zweistündigen Besuch der Staatssekretärin im Landessozialministerium in der Klinik vermittelte.

Irmer bestätigt, die Gertrudis-Klinik sehr gut zu kennen. Er sagt: „Ich unterstütze grundsätzlich und selbstverständlich Unternehmen aus meinem Wahlkreis. Es ist das Normalste der Welt, dass man sich für etwas einsetzt, dass man den Minister oder Staatssekretär mit der Bitte anspricht, ob das oder jenes machbar ist. Punkt. Und dann entscheiden die Häuser in eigener Zuständigkeit und eigener Verantwortung.“

Das CDU-geführte Sozialministerium begründet seine eigenverantwortliche Entscheidung im Fall der Gertrudis-Klinik so: Die Klinik habe „seit vielen Jahren einen Versorgungsvertrag über 12 Betten mit den gesetzlichen Krankenkassen, der sie berechtigte, GKV-Patienten stationär zu behandeln. Die Krankenkassen waren über Jahre nicht bereit, den Vertrag trotz stetig steigender Patientenzahlen nach oben anzupassen. Nach jahrelangen Verhandlungen erfolgte eine Anpassung der Bettenzahl auf 18 Betten, die aber immer noch nicht die tatsächliche Bedarfsrealität anhand der vorliegenden Behandlungsfälle abbildete.“

Dem Sozialministerium sei also gar nichts anderes übrig geblieben, als einzuschreiten: „Da eine Ausweitung der Versorgungsvertragsbetten gegenüber den Kassen nicht zu erzielen war und der deutlich höhere Bedarf seitens der Klinik durch die Vorlage von Fallzahlen und Wartelisten gegenüber dem Hessischen Sozialministerium nachgewiesen war, wurde die Gertrudis-Klinik zum 01. 01. 2011 in den Krankenhausplan aufgenommen.“

Zufällig verhält es sich übrigens auch so, dass die Gertrudis-Klinik im Jahr 2009 laut Parteispendenbericht 15.000 Euro an die CDU gespendet hat.

Davon aber hätten sie überhaupt nichts gewusst, sagen die CDU-Bundestagsabgeordnete Sibylle Pfeiffer, der CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer und das CDU-geführte Sozialministerium.