Ein eigener Platz für Kieler Sinti

Im Kieler Einwandererstadtteil Gaarden baut eine Genossenschaft ein Wohnprojekt für 13 Sinti-Familien

Wenn Sinti und Roma sesshaft werden wollen, kann das dauern: Seit Jahren ringt der Schleswig-Holsteinische Landesverband der Sinti und Roma um ein Wohnprojekt in Kiel, in dem 13 Sinti-Familien auf einem Grundstück leben können. Gestern wurde der Grundstein für „Maro Temm“ (Romanes für „Unser Platz“) gelegt. Es ist der erste Bau dieser Art in Deutschland.

„Kiel kann stolz auf dieses Leuchtturmprojekt sozialer Integration sein“, sagte Innenminister Ralf Stegner, der das Anliegen unterstützt hat. Die Wohnungsbaugenossenschaft erhält vom Land ein Darlehen von 1,5 Millionen Euro. Lange Zeit aber war die Landeshauptstadt keineswegs stolz auf Maro Temm: Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz (CDU) hatte, unterstützt von Teilen des Stadtrats, im Jahr 2004 versucht, die Baupläne zu verhindern. Erst fehlte ein geeignetes Grundstück, dann fürchtete Volquartz, die „Integrationskapazität des Problemstadtteils“ Gaarden reiche nicht aus. Bundesweit wurde Empörung laut. „Es sind offensichtlich politische Gründe, die zu dieser Entscheidung geführt haben. Regieren hier die alten Vorurteile gegenüber den ,Zigeunern‘?“, fragte damals die FDP-Fraktion im Landtag. Ministerpräsidentin Heide Simonis fand den Vorgang „mehr als erstaunlich“. Die Stadt lenkte ein.

Aber weitere Probleme folgten, auch hausgemachte: Die ersten Architekten hatten falsch kalkuliert, die Kosten liefen aus dem Ruder. Noch schwerer wog, dass ein Vorstandsmitglied Geld unterschlug und die für Maro Temm gegründete Wohnungsgenossenschaft an den Rand des Ruins brachte. Um den Traum nicht platzen zu lassen, haben die Gläubiger ihre Forderungen zunächst aufgeschoben, mit neuem Konzept ging die Arbeit weiter. Die Hamburger Stattbau betreut nun die technische Abwicklung. Reiner Schendel, der dort zuständig ist, erklärt die Kosten von rund 1,8 Millionen Euro: „Es entstehen keine Luxusbauten, aber das Grundstück, auf dem früher Müll lag, muss ausgebaggert werden.“ Ein Bauunternehmen zieht die Wohngebäude und ein Gemeinschaftshaus hoch, die künftigen Bewohner legen in der zweiten Bauphase Hand an.

Warum die Sinti und Roma überhaupt eine solche Anlage wollen, erklärt der Landesverband: „Die deutschen Sinti und Roma leben in traditionellen Familienverbänden, die sich gegenseitig besuchen und unterstützen. Dies führt in Nachbarschaften mit Nicht-Sinti und Nicht-Roma zu erheblichen Störungen.“ In Maro Temm könnten die Familien nach ihren eigenen Regeln leben und sich bei Alltagsproblemen gegenseitig helfen. EST