Neue Regeln fürs Familieneinkommen

Der Finanzministerin möchte die – für Frauen oft ungünstige – Steuerklasse V reformieren. In Zukunft können Ehepartner sich auch nach ihrem Anteil am Familieneinkommen versteuern lassen. Aber die neue Alternative hat einige Nachteile

VON HEIDE OESTREICH UND COSIMA SCHMITT

Anke Sellmann (Name geändert) hat sich oft geärgert. Halbtags hat die Mutter zweier Söhne als MTA gearbeitet, aber von ihren 1.400 Euro brutto kamen nur 700 Euro bei ihr an. Den Rest verschlang die Steuerklasse V – günstiger für ihren Mann, der als Beamter das Dreifache verdiente. Zwar wird dies Ende des Jahres nach der Steuererklärung wieder ausgeglichen: „Aber die Steuerrückzahlung landete auf seinem Konto – und nicht auf meinen!“, lacht Sellmann, die heute verrentet ist. „Aber mir war das nie so wichtig, mein Mann verdiente ja genug.“

Wird Gesetz, was die Regierung plant, könnten solche Fälle seltener werden: Das Finanzministerium hat jetzt Pläne für eine Neuordnung der Steuererhebung vorgestellt. Bislang hat ein angetrautes Paar zwei Möglichkeiten. Beide können sich in Steuerklasse IV einordnen lassen. Dies tun meist Paare, die etwa gleich viel verdienen. Sie können aber auch die Klasse III – für den Besserverdienenden – und die Klasse V wählen. Alle Freibeträge fallen dann dem Besserverdienenden zu. Die Steuerpflichtigen der Klasse V – zu 94 Prozent sind es Frauen – aber haben netto erst einmal viel weniger auf dem Konto. Zwar gleicht sich das bei der Steuererklärung wieder aus. Zunächst aber hat die Frau das Gefühl, dass sich ihre Arbeit kaum lohnt. Zudem werden auch Sozialleistungen nach dem Nettolohn berechnet, ein echter finanzieller Nachteil.

Das neue Modell sieht vor, in die Lohnsteuerkarte einzutragen, zu wie viel Prozent die Ehegatten am Gesamteinkommen beteiligt. Jeder Partner zahlt dann genauso viel Lohnsteuer, wie es seinem Anteil an den Gesamteinkünften entspricht.

An der jährlichen Abgabenlast ändert das zwar nichts. Doch nach dem neuen System brächte der Mann netto jeden Monat weniger als bisher nach Hause – und die Frau mehr. Frauen sollen nicht länger das Gefühl haben, dass sie mit ihrer Arbeit lediglich ein Taschengeld verdienen.

Doch es gibt auch Kritik: „Ein Paar sollte untereinander einen Ausgleich dafür finden, dass einer die unattraktive Steuerklasse wählt. Das ist nicht Aufgabe des Staats“, sagt Wolfgang Wawro vom Deutschen Steuerberaterverband der taz. Zudem hätten viele Paare nach der alten Regel monatlich mehr in der Haushaltskasse – ein Vorteil, den sie nutzen sollten, rät Wawro. „Vielen Leute ist eine Steuerrückzahlung lieber, als wenn sie nachzahlen müssen. Dabei ist das ein wirtschaftlicher Verlust. Das Geld ist bei Steinbrück zinslos geparkt.“

Wawro hat zudem auch Datenschutz-Bedenken. Nach dem neuen Modell könnte ein Arbeitgeber auf der Lohnsteuerkarte ablesen, was die Partner seiner Angestellten verdienen. „Fragt eine Frau nach einer Gehaltserhöhung, könnte es dann heißen: Die brauchen Sie nicht. Sie haben doch einen gut verdienenden Partner.“ Immerhin: Ein Zwang soll das neue System, das ab 2009 gelten soll, nicht werden. Paare können auch künftig wählen, wie sie ihre Steuerlast begleichen möchten.