Die „Lady“, die im Arrest bleiben muss

Aung San Suu Kyi wird ihren 62. Geburtstag am 19. Juni unter Hausarrest begehen müssen. Die Friedensnobelpreisträgerin ist die bekannteste von 1.200 politischen Gefangenen in Birma FOTO: AP

Theoretisch hätte sie morgen frei sein können. Dann wäre die Frist von Aung San Suu Kyis Hausarrest abgelaufen. Doch bereits gestern machte Birmas Militärjunta klar, dass Freiheit für die Friedensnobelpreisträgerin nicht in Frage komme.

Laut Berichten der UN-Sondergesandten Paulo Pinheiro und Ibrahim Gambari geht es Suu Kyi zwar gesundheitlich gut. Doch nach wie vor habe die 61-Jährige keinen Zugang zu Zeitungen oder Telefon und befinde sich im eigenen Haus praktisch in Einzelhaft.

Obwohl sich Suu Kyi in den letzten siebzehn Jahren kaum öffentlich zeigen durfte, haben die Birmanen ihre „Lady“ nicht vergessen. Als sie nach ihrer Freilassung aus dem zweiten Hausarrest 2003 eine politische Tour durch den Norden Birmas antrat, wurde sie von Tausenden gefeiert. Woraufhin die Anweisung an juntanahe Schlägertruppen erging, Krawalle mit Suu Kyis Anhängern zu provozieren. Die Oppositionsführerin wurde erneut verhaftet.

Suu Kyi ist die Tochter des birmanischen Unabhängigkeitshelden Aung San. Ausgebildet wurde sie in Neu-Delhi, Oxford und New York. In ihre Heimat war sie 1988 zurückgekehrt, um ihre kranke Mutter zu pflegen. Zur selben Zeit ließ Birmas Junta Massendemos für mehr Demokratie blutig niederschlagen. Suu Kyi schwor sich, der Freiheit ihres Volkes zu dienen: „Als Tochter meines Vaters kann ich all dem gegenüber nicht gleichgültig bleiben“, sagte sie damals. Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie gewann die Wahlen von 1990 – obwohl Suu Kyi bereits unter Arrest stand. Den Wahlsieg haben die Generäle nie anerkannt.

Stattdessen drohten sie Suu Kyi nach ihrer ersten Entlassung aus dem Hausarrest 1995, dass sie nie mehr zurückkehren dürfe, sollte sie Birma verlassen. Die Friedensnobelpreisträgerin blieb – und sah ihren krebskranken Mann nie wieder. Der britische Tibetologe Michael Aris starb 1999. Die Ehe Suu Kyis mit einem Ausländer versuchten die Militärs auszuschlachten: Sie ließen verbreiten, die NLD-Führerin sei „keine richtige Birmanin“. Auch ihre zwei Söhne, die 1991 stellvertretend für ihre Mutter den Friedensnobelpreis entgegennahmen, hat Suu Kyi seit Jahren nicht gesehen.

59 ehemalige Staatsmänner von Bill Clinton bis zu Lech Wałesa haben kürzlich in einem offenen Brief die bedingungslose Freilassung Suu Kyis gefordert. Auch von der EU erging ein Appell in Richtung Rangun. Doch solange Nachbarn wie China und Indien enge ökonomische Beziehungen zu Birma pflegen, kann sich die Junta in Sicherheit wiegen. Erst im Januar war eine von den USA im UN-Sicherheitsrat eingebrachte Birma-Resolution von China und Russland abgeschmettert worden. NICOLA GLASS