Die Gesichter der Ausgrenzung
: KOMMENTAR VON DANIEL BAX

Wouter van Bellingen ahnte, dass es Ärger geben könnte, als er sein Amt als Standesbeamter von Sint-Niklaas antrat. Schließlich gilt das Städtchen als Hochburg des rechtsextremen Vlaams Belang. Doch als die ersten Paare aufgrund seiner Hautfarbe ihre Hochzeit bei ihm absagten, kam es zur landesweiten Solidaritätsaktion. Dass sich am heutigen „Welttag gegen Rassismus“ nun über 600 Paare bei ihm trauen lassen, ist ein demonstrativer Massenprotest gegen Rassismus.

So sympathisch diese symbolische Geste auch ist – sie erinnert daran, dass es noch immer offenen Rassismus gibt. Das gilt auch für Deutschland, wie die Debatte um mutmaßliche No-go-Areas im vergangenen Jahr wieder in Erinnerung rief. Lange hat man sich in Deutschland um diese Erkenntnis gedrückt und Rassismus lieber mit wohlklingenderen Begriffen wie „Ausländerfeindlichkeit“ umschrieben. Dabei grenzt schon diese Begrifflichkeit die Opfer aus, die nicht selten einen deutschen Pass besitzen. Besser ist es, die Dinge beim Namen zu nennen.

Diskriminierung aber hat viele Formen. Menschen können auch wegen ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Geschlechts ausgegrenzt und herabgewürdigt werden. Und rechtsextreme Gewalt richtet sich auch gegen Obdachlose und Schwächere. Manche Soziologen sprechen deshalb lieber von „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“.

Wie verbreitet der Rassismus in Europa ist, lässt sich schlecht messen: Es kommt darauf an, was man darunter versteht. Weit verbreitet ist schließlich auch eine subtile Xenophobie, die sich nicht an rein äußerlichen Merkmalen festmacht. Stattdessen werden kulturelle Unterschiede bemüht, um Kulturen oder Religionen für prinzipiell unvereinbar zu erklären. Soziale Konflikte wie der Eklat an der Berliner Rütli-Schule werden auf diese Weise „ethnisiert“, indem sie auf Fragen der Herkunft reduziert werden. Da die meisten Migranten in Europa heute Muslime sind, bietet ihre Religion eine dankbare Projektionsfläche für Ängste und Vorurteile aller Art. Kein Wunder, dass so viele rechtspopulistische Parteien in Europa inzwischen das Thema „Islam“ für sich entdeckt haben. Denn offener Rassismus ist verpönt.