„Die Nichtraucher haben mir sogar Blumen gebracht“

Mit ihrem qualmfreien Café in Berlin-Charlottenburg hat Sabine Zindl eine Marktlücke entdeckt. Jetzt fühlt sie sich selbst viel wohler – und traut sich auch wieder einzuatmen

SABINE ZINDL, 30, betreibt seit eineinhalb Jahren das Café „Swingdiele“ in Berlin-Charlottenburg. Seit dem 1. Februar darf man dort nicht mehr rauchen.

taz: Am Donnerstag beraten die Ministerpräsidenten über ein Rauchverbot. Bei Ihnen gibt es das ja schon. Das dürfte Ihnen also ziemlich egal sein, oder?

Sabine Zindl: Ich bin zwar selbst Nichtraucherin und schätze es sehr, wenn Kneipen nicht verraucht sind und die Klamotten am nächsten Tag nicht stinken. Mir wäre es aber trotzdem fast lieber, wenn es zu keinem kompletten Rauchverbot käme. Nichtraucher-Cafés sind eine Marktlücke. Im Moment habe ich eher einen Wettbewerbsvorteil dadurch, dass andere Cafés verraucht sind. Ich hätte nicht erwartet, dass das Bedürfnis so groß ist.

Was hat Sie denn dazu bewogen, Ihr Café zum Nichtraucher-Café zu erklären?

Hauptsächlich mein eigenes Wohlbefinden. Mein Café ist recht klein und hat keine Entlüftungsanlage. Wenn man in der einen Ecke raucht, riecht man’s in der anderen Ecke auch. Man steht den ganzen Tag im verrauchten Raum und fühlt sich nicht mehr wohl. Zum Teil wollte ich nicht mal mehr einatmen. Jeder Raucher geht nach ein, zwei Stunden wieder raus und kann tief Luft holen. Ich musste zehn Stunden in der verrauchten Luft stehen.

Fühlen Sie sich denn jetzt wohler?

Ohne Rauch ist es viel angenehmer. Außerdem geht der Rauch nicht mehr in die Polstersessel, die Tapete und an die Fenster. Wenn ich jetzt die Fenster putze, bleibt viel weniger hängen. Früher war es schon unangenehm, morgens ins Café zu kommen und den kalten Rauch zu riechen.

Was sagen denn Ihre Gäste?

Die nichtrauchenden Stammgäste finden das ganz toll. Es haben mich viele beglückwünscht und sogar Blumen gebracht. Ich hatte schon Bedenken, dass ein Teil der Kunden wegbleibt. Das Café hat jetzt aber eher mehr Zulauf. Nur ganz wenige rauchende Stammgäste bleiben weg.

Wie versuchen Sie denn, die Raucher bei Laune und in Ihrem Café zu halten?

Ein Teil der rauchenden Stammgäste kommt immer noch, die rauchen dann halt vorher oder gehen raus. Außerdem biete ich Schokoladenzigaretten und Nikotinkaugummis an – die Nachfrage ist aber eher gering. Die Raucher, die trotzdem kommen, schätzen das Ambiente und den Kaffee so sehr, dass sie bereit sind, für die Zeit auf eine Zigarette zu verzichten.

Hat sich denn das Publikum durch das Rauchverbot verändert?

Die Gästestruktur ist eigentlich gleichgeblieben. Von Anfang an wurde großgeschrieben, dass das Café gemütlich ist und gute, nicht zu laute Musik gespielt wird. Dass die Luft auch gut ist, ist jetzt einfach noch ein zusätzlicher Qualitätspunkt.

Wie haben Sie denn das Rauchverbot gekennzeichnet? Wird das sofort klar?

In meinem Fenster habe ich eine 190 mal 40 Zentimeter große Folie aufgeklebt, auf der „Nichtraucher-Café“ steht. Das sieht man sofort, wenn man am Laden vorbeiläuft.

Gab es schon mal Ärger, weil jemand rauchen wollte?

Nein, die Gäste halten sich schon daran. INTERVIEW: MARTIN MÜLLER