Sammelkunstsammlung

ALLTAG UND ALLEGORIE In einer Retrospektive im Kunstverein Braunschweig gewährt Peter Piller ab Samstag nicht nur Einblicke in sein kurioses Archiv

Bekannt geworden ist Peter Piller vor allem, weil er seit Jahren Bilder anderer verwertet, bearbeitet, archiviert, ordnet, präsentiert. Rund 7.000 für sich genommen banale Zeitungsfotos überwiegend aus Regionalzeitungen ordnet der Wahlhamburger in thematische Gebiete ein, zeigt sie als Serien und lässt so das Absurde hervortreten, den Alltag als Allegorie: Menschen, die auf Dinge zeigen, Menschen, die Autos berühren, „Schlafende Häuser“, „Schießende Mädchen“. Immer wieder findet er dabei Bilder, die sich auch nach Jahren des Sortierens jeder Einordnung verweigern: „Ungeklärte Fälle“ mit einer ganz eigenen, verschrobenen Autonomie.

Auch Wanderungen durch großstädtische Randgebiete und andere Brachflächen unternimmt Piller, verarbeitet sie fotografisch, macht Notizen oder Skizzen. Seine Sequenz „Lurup“ etwa vereint acht Fotos aus einem Lokalblatt des Hamburger Stadtteils mit 20 selbst aufgenommenen Bildern, zeigt auf den ersten Blick Tristes, Banales und Langweiliges vom nordwestlichen Rand der Stadt – ein dokumentierter Kühlschrankkauf, eine Gemeindefeier –, das erst einem genaueren Blick seine ganze Dramatik enthüllt.

Subtil ist auch Pillers aus 40 Dias bestehende Serie „Kraft“: zwischen Hamburg und Leipzig hin- und herpendelnd hat Piller immer wieder im Vorbeifahren das Firmenlogo des Nahrungsmittelkonzerns fotografiert, mal bis zur Unkenntlickeit verwischt, dann wieder in aller Klarheit vor winterlichem Himmel und spielt so nicht nur mit den verschiedenen Ebenen des dergestalt in Szene gesetzten Begriffs, sondern auch mit den Bedingungen seiner fotografischen Wahrnehmung.

Ab Samstag gewährt Peter Piller in der retrospektiv angelegten Ausstellung im Kunstverein Braunschweig Einblicke in sein Archiv. Eröffnet wird sie am Freitagabend gemeinsam mit der Ausstellung „Catastrophe is Subjective“ mit skulpturalen Objekten Ariel Schlesingers, in denen sich dessen mitunter romantische Suche nach Möglichkeiten der Subversion und Transformation des Alltäglichen ausdrücken, mit einem großen Sommerfest. ROBERT MATTHIES

■ Braunschweig: Eröffnung am Fr, 24. 6., 19 Uhr; Ausstellung von Sa, 25. 6. bis Sa, 27. 8., Kunstverein, Lessingplatz 12, Di – So 11 – 17 Uhr, Do bis 20 Uhr; Künstlergespräch mit Peter Piller: Do, 18. 8., 19 Uhr