Die Schützenkönigin

Seit dem Frühjahr lässt das Thema Gleichberechtigung die Stadthagenerin Simone Mensching nicht mehr los: Im April las die 38-jährige Sozialpädagogin in einem Artikel der Schaumburger Nachrichten, dass Frauen neuerdings beim Schützenfest mitfeiern und mitschießen könnten. Seit über 600 Jahren ziehen Stadthagens Männer in Anzug und Zylinder zur Festhalle. Bislang schmieren die Frauen die Brote – und dürfen sich nicht zu den Männern setzen.

„Ich habe mich sehr über den Artikel gefreut“, sagt Mensching. Bis sie zwölf war, durfte sie das Schild an der Spitze des Umzugs tragen, sie erinnert daran, wie Bürgermeister und Handwerker im Festzelt einmal im Jahr nebeneinander saßen. Dann sah sie auf das Datum der Zeitung: 1. April. Frauen auf dem Schützenfest waren im April 2014 in Stadthagen ein Scherz.

Mensching schrieb einen Brief ans Festkomitee, ihre Idee: Ein eigenes Frauenrott, so heißen die Schützengruppen. Das war zu viel Revolution für viele Schützenmänner. „Das Gegenargument ist immer die Tradition“, sagt Mensching. Die Rotts sind aus den Bürgerwehren entstanden, die die Stadt im Mittelalter verteidigten. „Viele sagen, dass die Frauen die Stadttore damals ja gar nicht verteidigt hätten.“ Manche Schützenmänner drohten nun, ihre Ämter hinzuschmeißen, sollten die Frauen einrücken.

Rücktritte, die eventuell nicht das Schlechteste wären, oder? Mensching sagt: „Ich möchte am liebsten mit dem Komitee zusammenarbeiten.“

Im Moment sucht sie nach Frauen, die sich mit ihr einsetzen. Und wartet auf eine Mail. Der Vorsitzende des Festkomitees hat angedeutet, er könne sich ein Proberott für Frauen vorstellen. „Veränderungen brauchen Zeit“, sagt Mensching. Die Homepage zum Stadthagener Schützenfest sieht aus, als sei sie seit den 90ern nicht mehr überarbeitet worden. Bis heute steht da, dass es beim Schützenfest darum ginge, „Mauern aus Vorurteilen und Reserviertheit aufzubrechen“.  ETH