Der rot-grüne Konsens steht

Schon am Tag nach den Sondierungsgesprächen haben Böhrnsen und Linnert „Knackpunkte“ und Lösungen für den Koalitionskompromiss formuliert: Weservertiefung kommt, Kohlekraftwerk auch

Von Klaus Wolschner

Zweimal die Woche, diesmal Dienstag und Donnerstag, treten die Koalitions-UnterhändlerInnen um 18 Uhr vor die Presse und teilen mit, was in dem Ringen um einen rot-grünen Koalitionskompromiss herausgekommen ist. So transparent soll das Verfahren sein, hat der Bürgermeister versprochen. Bei den ersten beiden Runden haben die JournalistInnen sich schon gewundert, dass die eigentlichen Verhandlungen schon mittags zu Ende waren. Was nicht heißen soll, dass man nicht ordentlich um Kompromisse ringt. In wichtigen Positionen liegen die allerdings schon fest.

So heißt es in einer von Jens Böhrnsen (SPD) und Karoline Linnert (Grüne) am 19. Mai – einen Tag nach den Sondierungsgesprächen – verbreiteten Protokollnotiz, dass der neue Senat als Rechtsnachfolger „getroffene verbindliche Entscheidungen“ früherer Landesregierungen respektieren wird. Das hat Folgen. Etwa die: „Bei der Vertiefung der Außenweser werden alle rechtlichen Vorgaben und umweltpolitischen Standards eingehalten. Bei der Vertiefung der Unterweser wird durch begleitende Maßnahmen sichergestellt, dass die negativen Auswirkungen minimiert“ werden.

Sozial- und bildungspolitisch gibt es große Einigkeit: „Ausbau der Ganztagsschulen, Stärkung der Schulautonomie, Entwicklung integrierter Stadtteilschulen“ steht in dem Protokoll. Für die Hochschulen sind nicht die von den Grünen geforderten zehn Millionen Euro festgeschrieben, aber immerhin soll es zusätzliche „Begleit- und Übergangs“-Gelder geben. Die Sozialpolitik soll sich mit „Priorität“ auf die benachteiligten Stadtteile konzentrieren, das bezieht sich auf Kinderbetreuung, Jugendhilfe und Schule. Die von der Sozialsenatorin verschickten 9.000 Briefe an Hartz-IV-EmpfängerInnen mit Umzugsaufforderungen werden de facto zurückgenommen: „Umzugsaufforderungen sollen nur erfolgen, wenn annehmbarer Ersatzwohnraum tatsächlich vorhanden ist.“ Die sozialpolitischen Schwerpunkte stehen aber unter dem Finanzierungsvorbehalt: Mehrausgaben an der einen Stelle müssen durch Einsparungen an anderer Stelle „erwirtschaftet“ werden. Der dem Bundesverfassungsgericht für die Jahre bis 2011 gemeldete Ausgaben-Rahmen soll eingehalten werden.

In Sachen Energieerzeugung setzten die Koalitionäre auf die „Nutzung modernster konventioneller Kraftwerkstechnologien“, das „emissionsfreie Kraftwerk“ sei ein „langfristiges Ziel“. Gleichzeitig will der Senat vor der eigenen Tür kehren: Die Energieverschwendung in den öffentlichen Gebäuden soll durch Modernisierung reduziert werden.

In der Krankenhauspolitik haben sich Böhrnsen und Linnert nicht genauer festgelegt. Die Kliniken sollen „in kommunaler Trägerschaft erhalten“ bleiben, was klar war. Der Neubau des Klinikums Mitte soll „auf der Basis des Masterplans realisiert“ werden – ob privat finanziert oder staatlich, ob abgespeckt oder nicht, verrät diese Formel nicht.

Das Abstimmungsverhalten im Bundesrat wird nicht generell festgelegt, aber dem Bürgermeister werden für seine Rolle in der Föderalismuskommission „die notwendigen Handlungsspielräume“ zugesichert.

Richtig offen ist nur noch der Streit um die Fünf-Prozent-Klausel für die Stadtverordnetenversammlung: Für diese Frage „wird auf der Basis einer breiten Diskussion eine einvernehmliche Lösung gefunden“.