Produktion von Prominenten

John Lennon-Witwe und Konzeptkünstlerin Yoko Ono eröffnet ihre Ausstellung in der Kunsthalle selbst. Der öffentliche Raum wird dafür mit 1.200 „puristischen Projektionsflächen“ bedacht

Von Christian Jakob

Die Suche nach der Kunst fiel dem Laien nicht leicht: „War das jetzt schon alles?“, raunten sich zwei Kameramänner gestern Morgen im Kupferstichkabinett der Kunsthalle zu. Dort präsentierte Yoko Ono höchstselbst ihre neue Ausstellung. Die ist Witwe von Beatles-Star John Lennon und taucht auf der Liste der weltweit populärsten KünstlerInnen von artfacts.net derzeit immerhin an 165. Stelle auf, mehr als 50 Plätze vor Gustav Klimt, zum Beispiel.

Das muss ins Fernsehen. Doch die Exponate der „Mitbegründerin der Konzeptkunst“ fallen nur bedingt telegen aus. Kern der Schau namens „Fenster für Deutschland“ sind 90 Blätter, auf denen Ono laut Kunsthalle „ihre Vorstellungen von Malerei fixiert hat“. Diese lesen sich beispielsweise so: „Lasse Leute deine Gemälde kopieren. Zerstöre die Originale.“ Wer die als „Instructions“ betitelten Zettelchen daraufhin für einen nur mäßig überzeugenden Kunstgriff gehalten haben mag, den klärte Kunsthallen-Direktor Wulf Herzogenrath auf: Ono wolle den Umstand begreiflich machen, dass die Fixiertheit auf „Originale“ im Kunstbetrieb obsolet sei, da jedes Werk ohnehin erst als rezeptive Kopie im Kopf des Betrachters Wirkung entfalte. Onos „Instructions“ seien mithin eine „Herausforderung, die Werke in unserer Vorstellung zu vollenden“. Die „Instructions“ hat Ono zwar bereits in den 1960er-Jahren formuliert, ihre handschriftliche deutsche Übersetzung wird jedoch erstmals gezeigt. Um der Ausstellung ein wenig Aktionscharakter zu geben, ohne den eine „Wegbereiterin der Konzeptkunst“ wohl nicht auskommt, hängen seit gestern über 1.200 Plakate von Ono mit dem Wort „Fenster“ in der Stadt. Dabei handele es sich, so Herzogenrath, um eine Artikulation eines Gemälde-Konzepts aus der Renaissance. Damals seien Bilder mit einem Blick durch ein offenes Fenster aus einer je eigenen Betrachterperspektive verglichen worden. Ono habe in Anlehnung hieran eine „puristische Projektionsfläche“ mit dem „stillen Imperativ ‚Imagine‘“ geschaffen. Indem sie den Betrachter zum Künstler erhebe, betreibe Ono so eine „Produktion von Produzenten“.

Wem dies zu sehr im Ungefähren bleibt, der kann seiner Vorstellungskraft in der Gemäldesammlung der Kunsthalle ein wenig Orientierung verschaffen. Dort hat das Musuem zwei Ono-Plakate mit der Aufschrift „War is over if you want it. Love and Peace from John and Yoko“ zwischen Anti-Kriegs-Gemälde gehängt – zwischen den „Erschöpften König Rodrigo“ von Eugène Delacroix und Julius Schnorr von Carolsfelds „Der Sechskampf auf der Insel Lampedusa“.

Zweifel an der Wirkung ihrer Kunst hegt Ono offensichtlich keine: „Wenn meine Werke umstritten wären, würde etwas mit der Gesellschaft nicht stimmen.“ Jungen Künstlern mahnte sie, mit einer derartigen Sorgfalt zu Wege zu gehen, als ob sie ihre Bilder mit „ihrem eigenen Blut malen würden“. Anschließend verriet sie, dass sie glücklich darüber sei, durch ihre Agilität jungen Mädchen bewiesen zu haben, dass es keineswegs schrecklich ist, das Alter von 70 Jahren zu erreichen. Man dürfe sich bloß „niemals alt fühlen“.

Im Rahmen einer Eröffnungsperformance liest Yoko Ono heute ihre „Instructions“ und ergänzt sie durch „was ihr noch so einfällt“. Dazu gibt es echte Ono-Faksimiles, limitiert und signiert für 50 Euro im Museumsshop.

Ausstellung „Fenster für Deutschland“ bis 5. August – Performance mit Yoko Ono heute 18 Uhr.