Ein kohleschwarzer Tag

Wie passen Klimaschutz und Braunkohlekraftwerke zusammen? Der Landtag debattiert heute über die fossilen Kraftwerke. Doch der größte CO2-Verursacher wird fast ausnahmslos verteidigt

von ANNIKA JOERES

Heute kommt der Klimaschutz im Landesparlament an: Zum zweiten Mal in seiner Geschichte debattieren alle Parteien in einer aktuellen Stunde über die Strategie des Landes. Hauptstreitpunkt wird die Braunkohle sein: FDP und CDU fordern in ihrem Antrag, der „heimischen Energie“ mehr Verschmutzungsrechte über die Emissionszertifikate zuzubilligen. Für die Grünen hingegen ist diese „Privilegierung“ völlig inakzeptabel.

Bis zum Jahr 2020 sollen bundesweit 40 Prozent Kohlendioxid eingespart werden. Für die Bilanz des Landes wird die Braunkohle entscheidend sein: Ihre Kraftwerke stoßen mehr als ein Drittel des Kohlendioxids in NRW aus: 84 Millionen Tonnen des schädlichen Gases gelangen so jährlich in die Atmosphäre – doppelt so viel, wie der gesamte Straßenverkehr produziert.

Trotz dieser Zahlen wollen weder CDU und FDP noch SPD den neuen Bau von Braunkohlekraftwerken verhindern: Sie werden heute nur darüber streiten, wie viele Tonnen Kohlendioxid die Braunkohlekraftwerke pro Jahr ausstoßen dürfen. Norbert Römer, Vize-Chef der SPD-Fraktion und heutiger Redner im Parlament, setzt auf modernisierte Kraftwerke. Sie grundsätzlich zu schließen, hält er für absurd. „Wir leben in einer marktwirtschaftlichen Gesellschaft.“ Die Politik könne niemandem vorschreiben, den Betrieb von Kraftwerken zu unterlassen. Und die CDU sekundiert: „Die Braunkohlekraftwerke sind ein wichtiges Standbein der deutschen Grundversorgung und die einzige subventionsfreie Energiequelle.“ Sie müssten auch entsprechende Rechte genießen – und mehr CO2 produzieren dürfen.

Für Dirk Jansen vom Bund für Umwelt- und Naturschutz ist diese Haltung der größte Sündenfall der Landesregierung. „Sie macht in vollem Bewusstsein das Gegenteil vom Klimaschutzprogramm der G8 und der Bundesregierung“, so Jansen. Durch neue Kraftwerke würde kein einziges Gramm Kohlendioxid eingespart, auch wenn sie mehr Strom produzierten: „Wo eine Tonne Braunkohle reinkommt wird immer dieselbe Menge an Kohlendioxid ausgestoßen.“ Die nun geforderten „Verschmutzungsrechte“ seien ein Geschenk in Milliardenhöhe an die Großkonzerne.

„Entweder wir legen unsere Klimaschutzziele ad acta oder wir müssen einen Neubau verhindern“, sagt auch Oliver Kirschner von den Grünen. Wenn die Kraftwerke nicht sparen würden, könnte das 40-Prozent-Ziel nicht mehr erreicht werden. „Oder wir müssten den gesamten Autoverkehr still legen.“

Die CDU-Mär von der einzigen subventionsfreien Energiequelle Braunkohle hat das Wuppertal-Institut für Klima zusammen mit dem Bundesumweltamt schon vor zwei Jahren widerlegt: Nach ihren Berechnungen wird die Braunkohle durch eine andere Besteuerung und unentgeltliche Nutzung von Ressourcen wie zum Beispiel Wasser jährlich mit 4, 5 Milliarden Euro begünstigt.