die taz vor 17 jahren über betonfeministinnen
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Bei den grünen Frauen ist das so: Es gibt die Feministinnen, und es gibt die Postfeministinnen. Die Feministinnen sind überzeugt, sie allein machten die wahre radikale Frauenpolitik.

Die Postfeministinnen mit ihrem Gerede über die „Lebensrealitäten“ von Frauen, über die „Mütter“ gar, hätten nichts anderes zum Ziel, als die ganze schöne Programmatik zu verwässern. Die Postfeministinnen aber rufen zurück: Beton, Beton. Das Strömungsdenken und Linienhickhack machte vor den Frauen nicht halt, seit dem Streit um das Müttermanifest und die Mindeststrafe für Vergewaltigung sind die Gräben tief. Die Landesarbeitsgemeinschaft Frauen (LAG) der niedersächsischen Grünen erwarb sich in dieser Auseinandersetzung traurige Berühmtheit, als sie das Müttermanifest mit der Nazi-Mutterkreuzideologie verglich. Das Credo heißt: „Aufhebung der geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung“, und davon darf kein Jota abgewichen werden. Anstatt mit den Realas in einen produktiven Dialog zu kommen – die ja die Frauen keineswegs auf die Mütterrolle festnageln wollen, aber darauf beharren, daß es unterschiedliche Emanzipationsmodelle gibt –, wird gemauert.

Dabei sperrt sich die LAG keineswegs gegen die Koalition und die Regierungsbeteiligung. Wenn man sich schon darauf einläßt, dann ist Politik allerdings ein bißchen mehr als das Aufzählen programmatischer Lehrsätze. Dann ist auch die Fähigkeit gefordert, zu improvisieren, quer zu denken, ebenso taktisch wie phantasievoll zu agieren, zäh und energisch zu sein. Und da hätten die niedersächsischen Frauen mit Waltraud Schoppe nicht die schlechteste Wahl: Auch wenn sich über ihre inhaltlichen Positionen streiten läßt – sie ist eine Frau mit Ausstrahlung, sie kann präsent sein, sich einmischen, die öffentliche Diskussion prägen. Aber die niedersächsischen Fundifrauen, so ist zu fürchten, werden alles tun, damit Schoppe keine Ministerin wird. Sie ist halt nicht auf Linie.

Helga Lukoschat, 15. 6. 1990