Opposition klagt gegen Online-Spione

Ein von SPD und Grünen bestelltes Gutachten erklärt das NRW-Verfassungsschutzgesetz für grundgesetzwidrig. Der Erfolg der Internetfahndung sei gering, getroffen würden nur der „dümmste anzunehmende User“

DÜSSELDORF taz ■ Das neue NRW-Verfassungsschutzgesetz von Innenminister Ingo Wolf (FDP) soll nun auch in Münster vor Gericht geprüft werden. SPD und Grüne im Landtag haben sich entschlossen, gegen die Ausweitung der Kompetenzen für die Verfassungsbeamten vor dem Landesverfassungsgerichtshof zu klagen. Ein bei den Staatsrechtlern Marion Albers und Manfred Albers in Auftag gegebenes Gutachten habe die Einschätzung bestätigt, dass das im Dezember vom Landtag beschlossene Gesetz gegen die Verfassung verstößt, erklärten die Innenpolitiker Karsten Rudolph (SPD) und Monika Düker (Grüne).

Aufgrund einer Beschwerde des früheren FDP-Bundesministers Gerhard Baum beschäftigt sich auch das Bundesverfassungsgericht mit dem Gesetz aus NRW. Düker und Rudolph kündigten an, den Karlsruher Richtern das Gutachten zur Verfügung zu stellen. Eine Normenkontrollklage in Münster mache aber unabhängig vom Ausgang des dortigen Verfahrens Sinn, sagte der Autor Baldus: „Es kann sein, dass die Richter zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.“

Hauptkritikpunkt von Opposition und Gutachtern ist die so genannte Online-Durchsuchung, die es den Verfassungsschützern erlauben soll, auf persönliche Daten von Internetnutzern zuzugreifen. Die zu erwartenden Ermittlungserfolge stünden in keiner Relation zu der schwere des Eingriffs in die Privatsphäre, kritisierte die Augsburger Polizeirechtsexpertin Albers. „Wer etwas zu verbergen hat, wird seinen Computer schützen. Getroffen wird nur der dümmste anzunehmende User“, sagte sie. Besonders problematisch sei auch die Erlaubnis, so genannte Trojaner-Programme auf fremden Rechnern zu platzieren. Dadurch bestünde die Gefahr, dass sensible Daten bei der Übermittlung auch für Hacker zugänglich gemacht würden. Außerdem könnten Programme bei einem Trojaner-Angriff komplett zerstört werden. Kritik äußerten die Gutachter zudem daran, dass der Verfassungsschutz die Opfern der Durchsuchung nicht in jedem Fall über die Aktion informieren müssen.

SPD und Grüne hatten lange mit einer Klage gegen das Gesetz gezögert. „Wir wollten zuerst Expertenmeinungen einholen“, sagte die Grüne Düker. Nun hätten sich die Vorbehalte „in vollem Umfang bestätigt“. Neben der Landtagsopposition hatten sich auch weite Teile der FDP gegen die Pläne des umstrittenen Innenministers gewehrt. Noch auf ihrem Landesparteitag Ende April in Hamm hatten die Liberalen ihren Ex-Fraktionsvorsitzenden dazu aufgefordert, die Erlaubnis zur Online-Durchsuchung zurückzunehmen. Zu der angekündigten Klage der Opposition wollte sich Wolf gestern nicht äußern. KLAUS JANSEN