„Eine sinnliche Erfahrung“

LITERATUR Hamburger Buchläden machen Autoren zu Verkäufern. Eine davon ist Silke Burmester

■ 47, Journalistin und Autorin, schreibt regelmäßig als „Kriegsreporterin“ für die taz-Medienseite.

taz: Frau Burmester, warum geben Sie sich, als Verkäuferin verkleidet, für eine PR-Aktion einer Buchhandlung her?

Silke Burmester: Ich sehe das nicht als PR-Aktion einer einzelnen Buchhandlung. Dies ist ja die Woche der unabhängigen Buchhandlungen, und die unterstütze ich gern. Außerdem habe ich immer wahnsinnig gern verkauft.

Wo?

Erst in der Kneipe, und als ich fürs Durchmachen zu alt war, auf einem Biomarkt in Ottensen. Es macht mir riesigen Spaß, gegen Geld Dinge rauszugeben.

Schwätzen Sie Leuten auch Dinge auf, die sie nicht brauchen?

Nein, und das ist auch meine Schwäche als Journalistin: Ich respektiere den Willen der Leute. Ich mag keine Widerstände brechen und Leute zu etwas bringen, bei dem sie sich unwohl fühlen.

Und was genau passiert heute in der Buchhandlung Cohen + Dobernigg?

Ich weiß es auch nicht genau. Wir drei Autoren – Benjamin Maack, Nils Mohl und ich – werden rote Verkaufskittel mit einem Schild tragen, das uns als Fachkraft ausweist. Außerdem durfte jeder im Vorhinein drei Lieblingsbücher benennen, die er gezielt verkaufen will.

Welches sind Ihre?

Irmgard Keuns „Kunstseidenes Mädchen“, Bill Cardosos „Rummel im Dschungel“, eine Reportage aus Kinshasa während des Kampfs von Muhammad Ali gegen George Foreman, sowie das „Weihnachtsmannbuch“ von Thomas Gsella, das gerade erschienen ist.

Und Sie dürfen nur diese drei Bücher verkaufen?

Nein. Wenn jemanden diese drei nicht überzeugen, schlagen wir als hoch kompetente Berater natürlich auch andere Titel vor.

Ist die Aktion ein Zeichen wider die Internet-Bestell-Manie?

Unbedingt. Für mich ist Kaufen etwas sehr Sinnliches. Ein Buch auszusuchen, finde ich unglaublich schön, weil ja schon der Einband etwas sagt. Und einen Buchladen zu betreten, ist eine sinnliche Erfahrung, der Kontakt mit den Menschen dort auch. Das hat man nicht, wenn man im Internet bestellt. Was ich übrigens grundsätzlich nicht tue.

Die meisten anderen schon.

Ja. Einerseits ist es natürlich wahnsinnig bequem. Andererseits vermittelt das die Illusion von Schnelligkeit und Moderne. Ich glaube, die Leute wollen eine Moderne leben, darum geht es eigentlich.  INTERVIEW: PS

Die AutorInnen Silke Burmester, Benjamin Maack und Nils Mohl beraten und verkaufen Lieblingsbücher: 16–18 Uhr, Buchhandlung Cohen + Dobernigg, Sternstraße 4. Der Erlös geht an Viva con Agua