China inszeniert sich als Großmacht

ASIEN-PAZIFIK Beim Apec-Gipfel in Peking zeigt sich Staats- und Parteichef Xi Jinping als starker Führer einer Großmacht. Während er den Schulterschluss mit Putin sucht, bleibt US-Präsident Obama nur Statist

AUS PEKING FELIX LEE

Das Verhältnis zwischen den USA und China war schon immer schwierig. Doch zumindest bei öffentlichen Auftritten zeigten die chinesischen Staatsführer gegenüber der Weltmacht Respekt und gaben sich bescheiden. Diese zurückhaltende Außenpolitik seiner Vorgänger hat Chinas nun amtierender Staats und Parteichef Xi Jinping aufgegeben. Er lässt kaum eine Gelegenheit aus, den USA die kalte Schulter zu zeigen – so auch beim derzeitigen Gipfel des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (Apec) in Peking. Zum „Familienfoto“ mit allen 21 Regierungschef holte Gastgeber Xi Russlands Präsident Wladimier Putin zu sich in die Mitte. Für US-Präsident Barack Obama blieb nur ein Platz am Rand.

Die Botschaft ist klar: Nachdem Xi mit einer großen Antikorruptionskampagne seine Macht innenpolitisch ausgebaut hat, will der 61-Jährige nun auch außenpolitisch Stärke zeigen – allen voran gegenüber den USA. „China soll im Mittelpunkt stehen“, sagt Bonnie Glaser vom Centre of Strategic and International Studies, einer Washingtoner Denkfrabrik. Jedes andere Land auf der Welt habe künftig die chinesischen Interessen zu berücksichtigen.

Auch persönlich scheint Xi nicht viel Respekt für den US-Präsidenten übrig zu haben. Er hält Obama für schwach – und das nicht erst seit der Niederlage der Demokraten bei den Kongresswahlen vergangene Woche. Im Kampf gegen den „Islamischen Staat“ werfen Chinas staatlich kontrollierte Medien den USA Versagen vor. Stattdessen würde Washington in Asien für Zwietracht sorgen, indem die US-Regierung mit Hilfe von Japan, Südkorea, den Philippinen und Vietnam versuche, China einzukreisen. Ein bilaterales Treffen mit Obama hatte Xi auf dem Gipfel zunächst nicht vorgesehen.

Umso mehr ist Xi um die anderen anwesenden Staatschefs bemüht. Mit der Gründung der von Peking initiierten Asiatischen Infrastruktur-Investment-Bank (AIIB) verspricht er finanzielle Hilfen beim Bau von Häfen, Schienen und Straßen. Allein 50 Milliarden US-Dollar will Peking für diese neue Bank zur Verfügung stellen. Für den Bau einer sogenannten „neuen Seidenstraße“, die von Asien bis nach Europa reichen soll, schießt Chinas Führung 40 Milliarden Dollar zu.

Die USA haben diesen massiven Geldversprechen nur wenig entgegenzusetzen. Zwar hatte Obama kurz vor Beginn des offiziellen Teils des Gipfels die befreundeten asiatischen Länder in die US-Botschaft geladen, um mit ihnen die von den USA angestrebte Transpazifische Partnerschaft (TPP) zu verhandeln – ein Freihandelsabkommen unter Ausschluss Chinas. Doch Peking konnte sich durchsetzen, dass Apec eine Freihandelszone anstrebt, die alle Apec-Mitglieder umfasst (FTAPP). Dagegen hatten sich Japan und die USA bis zuletzt gesträubt.

„Im Wettstreit um die Ausgestaltung der regionalen Handelsordnung ging diese Runde an Xi“, sagt Mikko Huotari vom Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin. China präsentiere sich als Gestalter, wohingegen die USA eher durch ihre Blockadehaltung auffallen würden.

Vor allem mit Russland übt China beim Gipfel den Schulterschluss. Traditionell trauen sich auch diese beiden Staaten nicht. Doch den Streit der USA und der Europäer mit Putin im Zuge der Ukraine-Krise weiß Chinas Führung geschickt zu nutzen. Mehr als ein Jahrzehnt hatte sich Peking um den Bau einer Gaspipeline nach Sibirien bemüht. Doch Moskau mauerte. Im Mai einigten sich beide Seiten, am Sonntag unterzeichneten Putin und Xi feierlich den Bau einer zweiten Pipeline. Obama bleibt in Peking nur die Statistenrolle.