Sächsische Justiz vergibt Jenas Jugendpfarrer

SACHSEN Verfahren gegen Lothar König wegen seiner Rolle bei den Dresdner Krawallen 2011 eingestellt

DRESDEN taz | Eine Zweitauflage des im Sommer 2013 geplatzten Prozesses wegen schweren Landfriedensbruchs gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König wird es nicht geben. Vor dem für den 26. November geplanten erneuten Prozessbeginn einigten sich die Dresdner Staatsanwaltschaft und Verteidiger Johannes Eisenberg auf eine Einstellung des Verfahrens. Die nach Paragraf 153a Strafprozessordnung dafür fällige Geldauflage von 3.000 Euro soll König je zur Hälfte an die Justizkasse sowie an eine Dresdner Kirchgemeinde zahlen.

Die Verteidigung hatte bereits im Juni des Vorjahres eine bedingungslose Einstellung des Verfahrens gefordert. Die inzwischen erfolgte Auswertung von 200 Stunden Videomaterial konnte offenbar keinen Nachweis erbringen, dass der Jugendpfarrer bei den Dresdner Anti-Nazi-Demonstrationen vom 19. Februar 2011 tatsächlich zu Gewalttaten aufgerufen hat.

Seit dem 4. November dieses Jahres liefen tägliche Gespräche über eine Aufhebung der Gerichtstermine. Dabei bestand Lothar König darauf, dass der häufig bei Demonstrationen benutzte legendäre blaue VW-Bus des Jugendpfarramtes nicht länger von der Justiz einbehalten wird.

Die Zustimmung zu diesem Kompromiss sei ihm schwer gefallen, gibt der 60-jährige Lothar König zu. Er sehe darin keine Schuldanerkenntnis und habe sich lange mit Unterstützern beraten, ob er weiter kämpfen solle. Von der sächsischen Justiz sei aber keine vollständige Rehabilitation zu erwarten gewesen. Zum anderen hätte eine Fortsetzung des Prozesses von ihm und seinen Freunden zu viel Kraft und Energie verlangt.

Nachdem Mitte Oktober ein ähnlicher Prozess gegen einen Nazi-Blockierer von 2011 eingestellt wurde, kamen Spekulationen auf, das konziliantere Verhalten insbesondere der Dresdner Staatsanwaltschaft könnte mit dem bevorstehenden Regierungswechsel zusammenhängen. Die SPD hat in den Koalitionsvertrag mit der CDU beispielsweise das Ziel der bundesweiten Abschaffung der Weisungsrechte des Justizministers hineinverhandelt. „Wenn die SPD damit indirekten Einfluss genommen hätte, wäre es ein bedrohliches Zeichen für die sächsische Justiz“, dementiert aber die SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Friedel. MICHA BARTSCH