Im Netz der Öffentlich-Rechtlichen

Rüttgers fordert auf Kölner Medienforum mehr Angebote im Internet von WDR und Co – wenn die Qualität stimmt

Die Ansprüche sind offenbar geschrumpft. Vor zwei Jahren wollte Jürgen Rüttgers noch mit der NRW-Medienbranche an die „Weltspitze“ aufsteigen, mit weniger, sagte er damals, sollte man sich nicht zufrieden geben. Und heute? Bundesspitze. Nur noch. NRW sei der führende Medienstandort in Deutschland, sagte Rüttgers gestern zur Eröffnung des Medienforums NRW in der Kölnmesse. Von „Weltspitze“ ist anscheinend vorerst keine Rede mehr. Und doch war das, was da als medienpolitische Grundsätze angekündigt wurde, in erster Linie eine Lobhudelei auf das eigene Land. Man hatte es so erwartet.

Grundsätzlich wurde Landeschef Rüttgers erst, als er sich den Themen Digitalisierung und öffentlich-rechtlicher Rundfunk widmete. Bisher ist es so, dass Sender wie der WDR nur „programmbegleitend“, ergo: stark begrenzt im Internet auftreten dürfen. Das hält Rüttgers für falsch: „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss grundsätzlich alle Möglichkeiten der Digitalisierung für sich nutzen können“, sagte er, allerdings nicht ohne Einschränkung: Die Anbieter müssten sich ihres öffentlich-rechtlichen Auftrages bewusst sein. Nicht die Frage sei entscheidend, auf welcher Plattform die Inhalte verbreitet würden, so Rüttgers, sondern die Frage: „Gehört das Gesendete zum Auftrag oder nicht?“ Worüber man vermutlich noch streiten wird.

Gestritten hat sich Rüttgers in der Vergangenheit auch mit den Filmemachern des Landes, denen er das Budget kürzte, was ihm einigen Zorn einhandelte. Gestern nun kündigte Rüttgers an, die NRW.Bank werde einen neuen Filmfonds aus der Taufe heben, der zehn Millionen Euro für Produktionen in NRW zur Verfügung stellen werde. Neben einem weiteren, fünf Millionen Euro fassenden Fonds für die Kreativwirtschaft im Allgemeinen. Die anwesenden Zuhörer klatschten müde.

Bevor heute Angela Merkel in ihrer Funktion als EU-Ratspräsidentin beim Medienforum über europäische Regulierungspolitik spricht, machte Rüttgers gestern schon mal seinen Standpunkt klar: Eine völlige Freigabe des Handels mit Frequenzen etwa lehnt der Christdemokrat ab. Rundfunk sei mehr als ein Wirtschaftsgut, es sei ein Kulturgut. „Die Entscheidung über die Nutzung von Rundfunk-Frequenzen muss den Ländern überlassen bleiben.“

Aber das ist EU-Kram. Was ist mit NRW? Hier ließ Rüttgers wenig Neues durchblicken. Was in der digitalen Zukunft zähle, sei Qualität, mahnte er. Und wie schon vor zwei Jahren angekündigt, will die Landesregierung nicht mehr mit der Gießkanne, also überall ein bisschen fördern, sondern gezielt. Die jeweiligen Mittel sollen durch Wettbewerbe vergeben werden, dessen Kriterien Rüttgers im Herbst bekannt geben will. Vorher aber will er erst mal reden. Statt nur einmal jährlich beim Medienforum, will die Landesregierung künftig regelmäßig mit Medienvertretern ins Gespräch kommen. Die Veranstaltungsreihe startet im August. Und wer weiß: Vielleicht wird da ja auch noch mal über die „Weltspitze“ geredet.

BORIS R. ROSENKRANZ