„Wir bereiten uns auf ein Scheitern vor“

Michael Vesper, Generaldirektor des Sportbundes, kann sich einen kommerziellen Wettmarkt vorstellen

MICHAEL VESPER, 55, ist Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes. Zuvor war er Grünen-Politiker und bis 2005 Sportminister in NRW

taz: Herr Vesper, die Ministerpräsidenten wollen privates Glücksspiel und Sportwetten verbieten. Muss der Sport diesen Staatsvertrag fürchten – oder freuen Sie sich auf die Sicherung Ihrer Pfründe?Michael Vesper: Das Bundesverfassungsgericht hat beide Möglichkeiten eröffnet: Ein strenger kontrolliertes Staatsmonopol mit Werbeverbot und mehr Schutz für Süchtige oder eine Freigabe des Glücksspielmarktes. Das ist eine ordnungspolitisch Entscheidung, die die Politik treffen muss und treffen wird – wie es aussieht, in Richtung Staatsvertrag. Für uns ist wichtig, dass der Sport finanziell nicht schlechter da steht als vorher. Vor allem der Breitensport ist abhängig von Lottomitteln und Oddset.

Allein 250 Millionen pro Jahr bekommt der Sport von Oddset. Aber diese Mittel werden sinken, weil für die staatliche Fußballwette nicht mehr so intensiv geworben werden darf?

In der Tat besteht die Gefahr, dass die Einnahmen sinken. Das Werbeverbot wird diesen Effekt haben. Aber machen wir uns nichts vor. Auch eine Freigabe von Sportwetten gäbe keine Garantie, dass soziale und kulturelle Einrichtungen weiterhin unterstützt werden. Es wäre ohnehin besser gewesen, die Sportwetten nicht unter den „Glücksspielen“ zu subsumieren, denn mit Lotto haben Sportwetten nichts zu tun.

Der DFB fordert ein Konzessionsmodell, bei dem private Anbieter einen Teil ihrer Wett-Einnahmen für gemeinnützige Zwecke abführen müssen.

Zunächst einmal müssen die Bundesländer entscheiden, ob sie diesen Staatsvertrag wollen. Falls nicht oder falls der Vertrag rechtlich angegriffen wird und scheitert, werden wir darauf vorbereitet sein. Ich leite eine Arbeitsgruppe, in der auch DFB-Präsident Theo Zwanziger Mitglied ist. Wir werden dann eine Lösung vorschlagen, die rechtssicher ist und dem Sport hilft.

Sie waren ja bis vor kurzem Politiker. Würden Sie den Ministerpräsidenten und Landtagsabgeordneten raten, den Staatsvertrag trotz Kritik der EU und rechtlicher Risiken durchzusetzen?

Niemand kann jetzt vorhersagen, wie die Gerichte entscheiden, wenn der Staatsvertrag 2008 Gesetz ist. Wir müssen uns auf alle Möglichkeiten vorbereiten – und das tun wir auch.

Wäre es nicht ein überfällig Schritt, den deutschen Sonderweg zu beenden und das Staatsmonopol zu kippen? Länder wie England zeigen doch, dass Sport- und Sportwetten zusammen gehören?

Vor allem ist es unangemessen und ungerecht, dass der Sport in Deutschland nur unzureichend davon profitiert, dass auf ihn gewettet wird. Wir fordern deshalb einen Veranstaltungsschutz für den Sport, eine Art Urheberrecht. Wer kommerzielle Sportwetten veranstaltet, muss auch finanziell zur Förderung des Sports beitragen.

INTERVIEW: MARTIN TEIGELER