Die neuen Kopfnoten
: Es lebe der Rohrstock

Keine Zukunft, aber Fehlstunden. Keine Bildung, aber mangelhaftes Betragen. Sollen Schüler auch noch ohne Folgen krank feiern oder ausschlafen? Das deutsche Schulsystem hat wieder den düsteren Bodensatz seiner Geschichte erreicht. Zucht und Ordnung haben Konjunktur. Mit dem Zeitgeist überforderte Lehrer dürfen wieder zu Kopfnoten greifen. Statt Betragen und Fleiß heißen die zwar heute Leistungsbereitschaft und Sorgfalt. Gemeint ist dasselbe Ziel: Die Wiederherstellung von deutschem Duckmäusertum.

KOMMENTAR VON PETER ORTMANN

Die Arbeitgeber müssten doch wissen, ob sie zuverlässige Leute bekommen, wird da höhnisch argumentiert. Wir brauchen also Nachschub fürs unterbezahlte Räderwerk des Kapitalismus. Genauso gut könnte man für die Wiederherstellung der Sklaverei argumentieren. Darauf ließe sich dann mit dem Rohrstock (war in Deutschland schon mal ein pädagogisches Mittel) schon in der Grundschule vorbereiten. Wenn Schüler in der Schule fehlen, hat immer die verschnarchte Institution mit ihrem uninspirierten Lehrpersonal Schuld. Langeweile kann nicht mit Kopfnoten oder Züchtigung begegnet werden. Das ist Pädagogik aus dem vergangen Jahrhundert. Vielleicht hilft ein taz-Abo in der Schule?