schurians runde welten
: Wassermann mit Pferdefuß

CHRISTOPH SCHURIAN, 40, ist der Redaktionsleiter der taz nrw und ein sehr, sehr schlechter Verlierer

„Patrick Helmes bleibt hier. Das nächste Jahr wird für ihn zur Charakterfrage.“ (Christoph Daum)

In seinem einzigen wirklichen Männerbuch („Tor zur Welt. Fußball als Realitätsmodell“) befasst sich Klaus Theweleit nicht nur mit den Laufwegen von Starschiedsrichter Pierluigi Collina im Fußball-Weltmeisterschafts-Finale 2002. Der Italiener soll den Deutschen einige Male im Weg gestanden haben. Mindestens so akribisch analysiert der Wissenschaftler und taz-Autor sein mitdenkendes Knie. Das führe ein Eigenleben und habe ihm manche Lebensentscheidung abgenommen.

Ich habe bislang kaum Maläste mit den Knien, wohl aber etwas tiefer, an den Fußgelenken. Sie schmerzen, notorisch – und es musste so kommen.

In meinem Elternhaus gab es ein Buch, in dem ich mich gerne wieder erkannte. Denn der Schutzumschlag von „Erkenne dich selbst“ oder so bestand aus Spiegelfolie. In dem Buch versammelte sich dann ein esoterisches Vademecum der Menschenkunde. Auf meiner frühpubertären Suche nach mir selbst, las ich alles über die Bedeutung von Handlinien, Handschrift, Handformen und die Geheimnisse der Sternzeichen. Uns Wassermännern wurden viele positive Eigenschaften nachgesagt, die ich gerne glauben wollte, aber halt auch diese eine Warnung: „Gesundheitliche Probleme: Fußgelenke“.

Heute habe ich die charakterlichen Überlegenheiten des Wassermannes, seine Ruhe, sein Genie, längst vergessen, nicht aber den neuralgischen Punkt: Der Pferdefuß des Aquarius hat sich in meine Hirnrinde gefräst. Und als meine Rund-um-die Uhr-observierten Scharniere nach einem verregneten Sommer, den ich in einer Metalltonne verbrachte, dann wirklich schmerzten, wusste ich, was auf mich zukommt. Das chronische Leiden.

Mittlerweile macht meine Sollbruchstelle mit mir, was sie will. Quält mich erst rechts, eine Behandlung, ein paar Aufwärmübungen linderten mein Leiden. Doch nach einer sehr nervenaufreibenden Reise nach Berlin hat nun mein linkes Fußgelenk die Regie übernommen. Und Aua.

Apropos Humpeln auf der Zielgeraden: Vorgestern Abend sah ich ein Elfmeterschießen zwischen den Jungprofis von Holland und England. Natürlich dauerte es zwischen diesen beiden Fußballnationen endlos. Nicht weil so schlecht geschossen wurde, sondern gut. Irgendwann musste sogar ein angeschlagener Engländer an den Punkt. Sein Trainer, der perfekte Popeye-Darsteller Stuart Pearce, wollte einen Gesunden bringen, durfte das aber nicht. Steven Taylor konnte zwar mit dem linken Bein nicht mehr auftreten, ich litt mit beim Zusehen – doch der Mann von Newcastle verwandelte sicher. CHRISTOPH SCHURIAN