zehn jahre taz-geschichte in nordrhein-westfalen – die serie. folge 7: 2003 – ein neuer Anfang
: Als die Redaktion plötzlich um 17 Uhr Feierabend hatte

Der 8. Dezember 2003 war ein ganz normaler Tag. Die NRW-FDP beriet über die finanziellen Folgen aus den Möllemann-Skandalen. Simbabwe trat aus dem Commonwealth of Nations aus. Beatles-Fans in aller Welt begingen den 23. Todestag von John Lennon. Und in Nordrhein-Westfalen startete die taz ihre neuen – nun täglichen – Regionalseiten.

Nach fünf Jahren Improvisation, Unabhängigkeit und Chaos war die taz nrw damit sozusagen vollständiges Mitglied im Commonwealth der taz. Die Leserinnen und Leser an Rhein und Ruhr konnten statt Wochenausgaben für das Ruhrgebiet und die größte Stadt des Landes ab sofort täglich jeweils vier Seiten „taz ruhr“ und „taz köln“ lesen.

Doch auch für die Redaktion änderte sich fast alles. Aus Handschlag-Kontrakten unter Mindestlohn-Niveau wurden Arbeitsverhältnisse auf immer noch schlechtem taz-Lohnniveau – im Grunde war es ein Schritt von Armut in relative Armut. Nebenjobs mussten gekündigt, Girokonten für die monatliche Überweisung konnten eingerichtet werden. Vorher war es teilweise so, dass Honorare für die Wochenausgabe in bar ausgeschüttet wurden.

Kurz vor Beginn der Day-to-Day-Produktion wurde ein neues „Redaktionssystem“ installiert. Moderne Computer verbanden die NRW-Redaktionen in Bochum und Köln ab sofort mit der taz-Hauptredaktion in Berlin. Neue Mitarbeiterinnen stießen zur Redaktion – was die Frauenquote des fast kompletten boys network taz ruhr verbesserte.

Der größte Unterschied für die Redaktion bei der täglichen Erscheinungsweise war der frühe Feierabend. Um 17 Uhr musste die Zeitung für Nordrhein-Westfalen plötzlich in den Druck gehen – ganz anders als zuvor in der Wochenproduktion, als sechs Tage an einer Ausgabe gefeilt wurde. Keine Produktionen mehr bis tief in die Nacht, kein rauschhaftes Zeitungsmachen mehr in Bier-, Kaffee- und Zigarettendunst am frühen Morgen. Die Arbeit wurde geordneter und professioneller. Ein neuer Anfang war gemacht – aber die alte chaotische taz nrw gab es nicht mehr, am Todestag von John Lennon. MARTIN TEIGELER